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Pol Pot taucht wieder auf

■ Thailändische Zeitung entdeckt den angeblich ins Ausland geflohenen Chef der Roten Khmer in Kambodschas Dschungel

Bangkok (taz) – Pol Pot ist offenbar doch nicht aus Kambodscha geflohen. Der Chef der Roten Khmer, die für den Tod von über einer Million Menschen während ihrer Herrschaft in den 70er Jahren verantwortlich sind, wird weiterhin von seinen früheren Gefährten gefangengehalten, berichtete gestern die Bangkok Post. Ein Journalist der Zeitung habe ihn im Nordwesten Kambodschas aufgespürt. Der 72jährige sei sehr schwach. Mit fast unhörbarer Stimme habe er erklärt: „Mein politisches Leben ist beendet. Ich werde wahrscheinlicht nichts mehr sagen können.“ Das Interview habe am Sonntag „in der Nähe“ des Dschungelstützpunktes Anlong Veng stattgefunden, hieß es.

Kambodschanische Blätter hatten zuvor berichtet, Pol Pot sei aus Angst vor einem internationalen Tribunal ins Ausland geflüchtet. Thailands Außenminister Surin Pitsuwan bestätigte später diese Information. Pol Pots frühere Mitstreiter, die ihn in einem blutigen Machtkampf im Sommer stürzten, schieben ihm alle Schuld für die Verbrechen in den siebziger Jahren zu. Doch sie weigern sich strikt, ihn an die Regierung in Phnom Penh oder an ein internationales Gericht auszuliefern. „Auch wenn er unser Gefangener ist, müssen wir moralisch sein. Wir müssen ihn davor schützen, gefaßt zu werden“, sagte Nuon Chea, die frühere Nummer zwei in der Hierarchie der Roten Khmer, gegenüber der Bangkok Post. Die Roten Khmer kämpfen derzeit zusammen mit Anhängern des gestürzten ehemaligen Ministerpräsidenten Prinz Norodom Ranariddh im Nordwesten Kambodschas gegen die Regierungstruppen. Für die kriegsmüden Soldaten auf allen Seiten ist es ein sinnloser und verzweifelter Kampf in schwer verminten und malariaverseuchten Gebieten.

Politischer Stillstand in Phnom Penh

König Norodom Sihanouk, der vergeblich zu Waffenstillstand und Verhandlungen aufgerufen hat, kehrte Kambodscha am Montag erneut und ohne Erklärung den Rücken und reiste in sein Pekinger Exil zurück. Ob er nur wieder einmal frustriert über seine Machtlosigkeit ist oder dringend ins Krankenhaus muß, blieb unklar. In Phnom Penh ist die politische Lage weiterhin verworren: Die in der „Union Kambodschanischer Demokraten“ zusammengeschlossenen Oppositionsparteien drohten gestern, die für Juli geplanten Wahlen zu boykottieren. Sie warfen dem starken Mann in der Regierung, dem Zweiten Premierminister Hun Sen, vor, die Vorbereitungen zu „pervertieren“ und alles zu tun, um Frieden und Demokratie zu verhindern. Der im vorigen Jahr gestürzte Prinz Ranariddh ist bislang nicht nach Kambodscha zurückgekehrt, weil ihn sein Rivale Hun Sen wegen „Waffenschmuggels“ und „Verhandlungen mit den Roten Khmer“ vor Gericht stellen will. König Sihanouk hatte ursprünglich angekündigt, er werde den Prinzen sofort nach einer Verurteilung „ohne Bedingung“ amnestieren, damit er wieder für die Wahlen kandidieren könne. Kurz vor seiner Abreise nach China zog der König dieses Angebot jedoch überraschend zurück – möglicherweise auf Druck von Hun Sen, der eine Rückkehr seines Gegenspielers in die Politik unter allen Umständen verhindern will.

Hun Sen hat kürzlich seine Bedingungen verschärft, unter denen der Prinz an den Wahlen teilnehmen dürfe: Ranariddh müsse zuvor einen einseitigen Waffenstillstand erklären und seine Widerstandstruppen auflösen, forderte er. Dies lehnt die Opposition ab. Jutta Lietsch

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