: Hardthöhe verweigert Antwort
■ Verteidigungsminister legt Traditionspraxis der Truppe nicht offen
Berlin (taz) – Die verteidigungspolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, Angelika Beer, empfindet es als „Mißachtung“ parlamentarischer Sitten. Ihre Anfrage zur Anzahl von Traditionsräumen, wehrkundlichen Sammlungen sowie nach Patenschaften mit ehemaligen Wehrmachtseinheiten schmetterte das Bundesverteidigungsministerium mit einer dürren Mitteilung ab. Minister Volker Rühe habe bereits in der Sitzung des Verteidigungsausschusses vom 10. Dezember die Fragen zu Traditionsräumen und Patenschaften „eingehend beantwortet“, ließ Staatssekretär Peter Wichert die Bundestagsabgeordnete schriftlich wissen.
Angelika Beer hatte Ende November die Öffentlichkeit auf eine merkwürdige Form der Traditionspflege im Jagdbombergescchwader 33 in Büchel/Cochem aufmerksam gemacht. Bei ihrem Besuch in der dortigen Kaserne ließ sich die Bundestagsabgeordnete einen Raum zeigen, in dem unter anderem Nazi-Orden, Fotos von Fliegern und eine Einsatzkarte des Jagdgeschwaders 52 aus dem Zweiten Weltkrieg ausgestellt war. Die Darstellung Beers von ihrer Stipvisite (die taz berichtete exklusiv) bestritt das Verteidigungsministerium nicht. Rühe kündigte sogar Konsequenzen an.
Die aber sind nicht ergriffen worden. Und Angelika Beer bleibt hart: Weder Minister Rühe (CDU) noch andere Stellen hätten bis heute ihre Wißbegier befriedigt. „Es drängt sich die Frage auf, aus welchen Gründen auf meine Bitte um Sachinformationen nicht direkt geantwortet wird“, fühlt sich Beer vorgeführt. Mit dem jetzigen Schreiben des Staatssekretärs will sich Beer nicht zufriedengeben. Ihre Anfrage sei „keineswegs erledigt“, schrieb sie an Wichert.
Die Bundestagsabgeordnete schließt nicht aus, in der ersten Sitzung des Verteidigungsausschusses (der sich zu einem Bundeswehr-Untersuchungsausschusses umwandelte) einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Kurt Rossmanith (CSU) zu stellen.
Hintergrund ist dessen jüngste Äußerung gegenüber der Augsburger Allgemeinen, er halte den Nazi-General Eduard Dietl nach wie vor „menschlich und soldatisch für ein Vorbild“, nicht aber dessen Ideologie. Der CSU-Politiker Rossmanith hatte sich in der Vergangenheit hartnäckig gegen die – bereits vollzogene – Umbenennung der Dietl-Kaserne in Füssen gewandt (siehe taz vom 3.1). Beer hat Rossmanith in einem persönlichen Brief nahegelegt, von sich aus auf das Amt des Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses zu verzichten – bislang ohne Antwort. Der Ausschuß wird sich am 14. Januar konstituieren. Severin Weiland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen