: Metaller wollen gewinnen
■ Einigung im Tarifkonflikt Ost-Stahl in letzter Minute: 2,6 Prozent Lohnerhöhung
Berlin (AP) – „Das ist ein guter Auftakt für alle Verhandlungen, die in diesem Jahr noch anstehen“, freute sich IG-Metall-Verhandlungsführer Hasso Düvel nach der Einigung im Tarifstreit der ostdeutschen Stahlindustrie. Nach wochenlangem zähen Ringen ist den Gewerkschaften gestern im Kampf um die Übernahme des westdeutschen Tarifvertrags für die 8.000 ostdeutschen Stahlkumpel nach Düvels Worten in letzter Minute doch noch eine „Punktlandung“ geglückt. Es gilt als sicher, daß die Arbeiter in einer Urabstimmung dem von ihren Vertretern ausgehandelten Kompromiß zustimmen. Der geplante Streik ist damit abgewendet.
Doch auch über die Stahlindustrie hinaus hat die Einigung Signalwirkung. „Es ist den Arbeitgebern nicht gelungen, die Ostdeutschen auf dem Exerzierfeld zu opfern, um die Flächentarifstruktur in den Abgrund zu reißen“, urteilte Düvel. Nach seiner Meinung wollten die Arbeitgeber die Gelegenheit nutzen, um „aus dem Osten ein Billigtarifgebiet zu machen“ und anschließend auch im Westen die Tarifstrukturen auszuhöhlen. Dieser Versuch sei gescheitert. „Ich hoffe, daß auch andere Arbeitgeber diesen Vorgang analysieren“, so Düvel.
Die IG Metall jedenfalls werde mit der gleichen Kampfbereitschaft in die Ende des Jahres anstehenden Tarifverhandlungen für die ostdeutsche Metallindustrie gehen. Die viel größere Branche war von Beginn an als Kulisse hinter dem Stahl-Konflikt erkennbar gewesen: Die Gewerkschaft zeigte Muskeln, um ja keine Dämme brechen zu lassen; die Arbeitgeber warfen ihr deshalb prompt organisationspolitisches Kalkül vor.
Nur der Streikbereitschaft der Arbeiter sei es zu verdanken, daß der Tarifvertrag durchgeboxt wurde, meinte der IG-Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel. Dabei hatte das Urabstimmungsergebnis mit rund 78 Prozent nur knapp über den nötigen 75 Prozent gelegen – auch nach Zwickels Ansicht nicht gerade ein Traumergebnis. Letztlich genügte aber die reale Drohung, die Arbeitgeber zum Einlenken zu bewegen. Diese hatten erst Anfang dieser Woche wieder Verhandlungsbereitschaft signalisiert, als der Arbeitskampf näher rückte und drei große Stahlwerke das Ausscheren aus dem Verband und den Abschluß von Haustarifverträgen ankündigten.
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