Polit-Unikat zu bunt für die bunte Truppe

■ Noch immer hat die PDS keine BundestagskandidatIn für den prestigeträchtigen Wahlkreis Mitte/Prenzlauer Berg gefunden. Die vorgeschlagene Angela Marquardt paßt vielen alten Genossen nicht. Landesc

Der Vorschlag einer Basisgruppe der PDS Prenzlauer Berg, die 26jährige Vorzeigerebellin Angela Marquardt als Kandidatin für den Bundestagswahlkreis Mitte/ Prenzlauer Berg aufzustellen, hat parteiintern heftige Diskussionen ausgelöst. Einerseits darüber, wer überhaupt für die PDS im prestigeträchtigen Bundestagswahlkreis ins Rennen gehen soll. Andererseits darüber, ob das „bunthaarige Polit-Unikat“ die geeignete Kandidatin ist, die Wolfgang Thierse (SPD), Günter Nooke (CDU) und Marianne Birthler (Bündnisgrüne) Paroli bieten kann.

Vier Namen hat Michael van der Meer, Bezirksvorsitzender der PDS Prenzlauer Berg, auf der Bewerberliste stehen. Strengste Geheimhaltung war vereinbart worden, kein Name sollte preisgegeben werden. Doch einer sickerte durch: Angela Marquardt.

„Ich habe Bedenken, ob Angela Marquardt wirklich das Zugpferd sein kann“, sagt die 79jährige Charlotte van der Meer, „PDS- Mitglied von Anfang an“. Aus Gesprächen mit älteren Menschen habe sie Vorbehalte gegen Marquardt herausgehört. „Die stören sich vor allem an ihrem Punker- Aussehen und an ihrem aggressiven Auftreten“. Für die 68jährige Edith Udhardt, PDSlerin aus Prenzlauer Berg und Mitglied des Abgeordnetenhauses, ist aber gerade das „manchmal aggressive Auftreten“ von Marquardt ein Argument, die Bewerbung der Jungen Genossin zu unterstützen. „Sie ist jung, unverbraucht und streitbar. Sie steht für die Erneuerung der Partei“, sagt Udhardt. Sie spreche junge Wähler an und sei ein guter Gegenpart zu Thierse.

Zweifel an der Person Marquardt meldet auch Lothar Schüßler, PDSler aus Mitte, an. „Sie hat sich ja in der letzten Zeit aus der Politik zurückgenommen.“ Ob es da richtig sei, sie jetzt als Kandidatin in diesen Promi-Bereich aufzustellen, ist sich Schüßler nicht sicher. Angela Marquardt saß seit 1992 im Bundesvorstand der PDS. In Januar 1995 wurde sie eine von drei stellvertretenden Parteivorsitzenden. Im Januar 1997 kandidierte sie nicht wieder für den Parteivorstand. Michael van der Meer, der PDS-Bezirksvorsitzende aus Prenzlauer Berg, will dies allerdings nicht als ein Zeichen der Zurückgezogenheit verstanden wissen. „Sie ist mehr denn je an der Basis aktiv.“

Marquardt hin oder her – die Diskussionen über eine geeignete KandidatIn sind voll im Gange. Ein Frau soll es sein, wenn möglich. Und ein Parteimitglied oder eine der Partei sehr nahe stehende Person. Auch wenn PDSler wie der Abgeordnete Michail Nelken eine Persönlichkeit, die sich „nicht in der politischen Routine bewegt“, für gut befinden, soll die „Schriftsteller-Nummer“ nicht wiederholt werden. 1994 hatte der Autor Stefan Heym den Wahlkreis für die PDS gewonnen.

Aber mögliche Kandidatinnen wie Bärbel Grygier, für die PDS Bürgermeisterin in Hohenschönhausen, oder Marion Seelig, für die PDS Mitglied des Abgeordnetenhauses, haben abgewunken.

Das hat gestern auch die Landeschefin Petra Pau selbst getan. „Ich bin keine Notkandidatin“, sagt Pau und fügt hinzu: „Ich habe vor, die Berliner PDS in den nächsten Abgeordnetenhaus- Wahlkampf zu führen.“ Jens Rübsam