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ETA ermordet weiteren konservativen Gemeinderat

■ Die meisten Abgeordneten der Volkspartei im Baskenland werden regelmäßig bedroht

Madrid (taz) – Die baskische ETA hat wieder zugeschlagen: Als der 34jährige Ignacio Iruretagoyena, Gemeinderat der konservativen Partido Popular (PP) in Zarautz, einer Kleinstadt bei San Sebastián, den Zündschlüssel seines Wagens drehte, explodierte eine unter dem Fahrersitz deponierte Bombe aus 1,5 Kilogramm Plastiksprengstoff. Iruretagoyena wurden der rechte Arm und das rechte Bein abgerissen. Er verblutete.

„Alle Vertreter der PP sind bis über beide Ohren in den Krieg zur Zerstörung des Baskenlandes als Nation verstrickt“, hatten die ETA-Separatisten vor wenigen Wochen in einem Kommuniqué erklärt und die Volksvertreter der in Madrid regierenden Konservativen ganz oben auf die Liste ihrer Anschlagsziele gesetzt. Ignacio Iruretagoyena ist seit 1995 der vierte PP-Gemeinderat, der dieser Strategie der Separatisten zum Opfer fiel. 1995 ermordete ETA den Bürgermeisterkandidaten in San Sebastián und Provinzvorsitzenden der PP in Giupuzcoa, Gregorio Ordoñez. Letzten Sommer wurde Miguel Angel Blanco aus Ermua entführt und 48 Stunden später trotz Millionen von Demonstranten in ganz Spanien erschossen. Im Dezember traf es José Luis Caso in Renteria. Sowohl Iruretagoyena wie auch Caso hatten immer wieder Leibwächter abgelehnt.

Die meisten der 166 PP-Gemeinderäte in der Region sind regelmäßig anonymen Drohanrufen ausgesetzt. Plakate mit ihrem Gesicht im Fadenkreuz gehören längst zum Straßenbild in den Dörfern und Städten. Erst am Mittwoch war die Elektrogerätehandlung eines seiner Kollegen, Victorio Fernández, Gemeinderat in Erandio bei Bilbao, ausgebrannt. Er hatte im letzten Dezember während einer Gemeinderatssitzung den Vertretern der ETA-nahen Herri Batasuna (HB) einen Umschlag mit seinen persönlichen Daten, wie Wohnsitz, Telefonnummer, Autokennzeichen und Stammkneipen, überreicht. „Wenn ihr ein neues Opfer sucht, könnt ihr euch die Arbeit sparen, hier habt ihr alles, was ihr braucht“, raunte er ihnen wütend zu.

Der Gemeinderat in Zarautz verurteilte auf einer eiligst einberufenen Sondersitzung das Attentat und rief alle Bürger zu einer Protestkundgebung für den Abend auf. Der baskische Antiterrorpakt, dem – mit Ausnahme von HB – alle Parteien angehören, mobilisiert für heute nachmittag im Anschluß an die Beerdigung von Ignacio Iruretagoyena zu einer Großdemonstration in Zarautz. Reiner Wandler

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