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■ QuerspalteDer sympathische Kaplan

Normalerweise warnt in Polen die katholische Kirche vor dem moralischen Verfall, der aus dem dekadenten Westen droht. Nun erhält sie in ihrem Kampf gegen das Böse Unterstützung vom ehemalige Parteiblatt der Kommunisten, der Trybuna. Ganz im Stil einer aufrüttelnden Predigt hebt sie den Zeigefinger: „Auch das Priestermilieu ist davon nicht frei!“ Anlaß: Vor kurzem ist in Lublin eine Autoschieberbande mit 18 Priestern und Mönchen aufgeflogen.

Über Jahre hatte ein Kaplan, der in einem Erziehungsheim für Mädchen arbeitet, einen schwungvollen Handel mit zollfreien „Liebesgaben“ und „Spenden zu karitativen und geistlichen Zwecken“ betrieben. 43 „gespendete“ Wagen für die Gemeindearbeit auf dem Land führte er aus dem Westen ein. Die Seelsorger sollten ihre Dorfgemeinden mit spritzigen Westautos besuchen können.

Die Zöllner hegten keinen Verdacht, schließlich ist die Kirche nicht nur vertrauenswürdig, sondern auch ein Großimporteur von zollfreien Liebesgaben. Allerdings muß das Auto tatsächlich gespendet sein und nachweislich der Seelsorge oder einem karitativen Zweck wie beispielsweise „Essen auf Rädern“ dienen. Die dazu nötigen Papiere aus der Kurie ließ der Kaplan von Fachleuten seiner Bande fälschen. Erst als die Zöllner in den Dokumenten auf sprachliche Schnitzer stießen, die einem deutschen Beamten normalerweise nicht unterlaufen, schöpften sie Verdacht. Die Priesterbande flog auf. Die Autos waren ganz normal im Ausland gekauft und dann in Polen an Privatleute verkauft worden. Die geistlichen Herren strichen einen satten Gewinn von rund 200.000 Mark ein.

Die Katholische Presseagentur in Polen zog es vor, die Nachricht über die schwarzen Schafe in den eigenen Reihen nicht zu verbreiten. In den Zehn Geboten steht zwar: „Du sollst kein falsch Zeugnis reden wider Deinen Nächsten“, es steht aber nicht nicht drin: „Du sollst nicht schweigen über die Verworfenheit der Priester.“ Gabriele Lesser

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