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■ QuerspalteDas Bewußtsein ist rund

Eigentlich hätte es so schön sein können. Lange Jahre hatten sich mehrere hundert Frauen und einige Männer aus Ariccia nahe Rom auf den Tag X vorbereitet. Schön sollte er werden, „der Tag der Fußballgeschädigten“, phantasievolle Aktionen wollten zum kritischen Nachdenken anregen über die schädlichen Folgen des Fußballsports. In Italien kommt bekanntlich das öffentliche Leben zum Erliegen vor, nach und während „wichtiger“ Fußballbegegnungen. Auch im Mitmenschlichen sorgt das oft für Zündstoff: Fußballfreunde rauchen Kette beim Fußballgucken, brüllen laut hüpfend wie Rumpelstilzchen manchmal herum, wenn Dinge passieren, die Fußballdesinteressierte nicht verstehen, ignorieren die Welt während ihrer Fetischtage, lassen den Abwasch stehen und zerhacken zuweilen den Fernseher, wenn Dinge passieren, die ihnen nicht in den Kram passen, oder werfen das TV aus dem Fenster, ohne, wie es sich für Vernünftige gehört, nachzugucken, ob da jemand steht. Viele sanfte Italiener fanden so in den letzten Jahren ihr Ende.

„Die hoffenden Individualitäten haben immer eine mehr fröhliche Enttäuschung“, schrieb zwar der mutmaßlich von Kirch-Bertelsmann gesponsorte Philosoph Kierkegaard zur Rechtfertigung fanatischer „Sportsfreunde“. Doch das stimmt gar nicht! Im richtigen Leben überschütten sie nach Niederlagen ihrer Lieblingsmannschaft die ihnen zugeteilten Mitmenschen mit schlechter Laune. Das kommt von der Verfußballerung ihres Bewußtseins. Auch die Erotik geht oft den Bach runter, denn Fußball bindet die Emotionen, die andernorts gebraucht werden, und legt sie in Ketten. Vieles sprach also für den Tag der Fußballgeschädigten, der letzten Sonntag leider ausfiel. Die Nachrichtenagentur verschweigt, warum, und auch mich stimmt das ratlos. „Durch den Wind davon, davon, / hoch, so hoch sieht man den weichen / Ball ganz sanft und ohne Ton, / angestrahlt, den mondscheinbleichen / Ball fort in die Ferne streichen: / weit entfernt von allem schon.“ (Ror Wolf) Detlef Kuhlbrodt

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