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Feuerteufel kommt in die Klinik

■ Der Mann, der die Kirche Blockdiek ansteckte, stand vor Gericht

Der 31jährige Mann, der die Bremer Polizei im Sommer 1996 und 1997 mit einer Brandserie in Atem gehalten hat, ist gestern vom Landgericht wegen schwerer Brandstiftung und Sachbeschädigung in elf Fällen zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Der Brandstifter muß allerdings nicht ins Gefängnis. Das Gericht hat die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik angeordnet. Nachdem der geistig leicht behinderte Mann eine Therapie von unbestimmter Dauer absolviert hat, soll die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt werden.

Der 31jährige hatte u.a. ein Kindertagesheim in Blockdiek, den Gemeindesaal der Kirche sowie mehrere Schuppen, Häuser und Autos angezündet. Im August wurde der Mann auf frischer Tat ertappt, als er auf dem Parkplatz der Firma Mercedes-Benz versuchte, einen Kleintransporter anzuzünden. Mit seinen Bränden hat der Mann insgesamt einen Schaden von mehreren hunderttausend Mark angerichtet. Menschen waren nicht zu Schaden gekommen.

Mit dem Urteil folgte das Gericht dem Vorschlag des Gutachters. Der Psychiater attestierte dem Mann eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit. Seine intellektuelle Leistungsfähigkeit sei eingeschränkt, so daß man von einer leichten geistigen Behinderung sprechen könne. Aufgrund dieses Handikaps sei er als Kind häufig „gehänselt“worden. Auch als Erwachsener habe der Angeklagte ein sehr einsames Leben geführt. Bis zu seinem 28sten Lebensjahr wohnte der Angeklagte bei seinem Vater. Danach zog er in ein Wohnheim. Außer seiner Arbeit in einer Behindertenwerkstatt, seinem Fernseher und dem Videorecorder habe der Mann kaum Kontakte zur Außenwelt gehabt, so der Gutachter weiter. Er leide unter starken Minderwertigkeitsgefühlen, die zu einer „erheblichen narzistischen Selbstwertkrise“führten. Mit den Bränden habe der Mann versucht, diese Minderwertigkeitsgefühle zu kompensieren. Der Gutachter attestierte dem 31jährigen gute Chancen, diese persönlichen Defizite mit Hilfe einer Therapie auszugleichen. In der Haftanstalt dürfte sich die Selbstwertkrise verschlimmern, da der Mann „per se“einen schlechten Stand haben werde. Das Gericht wertete zugunsten des Angeklagten, daß er die Brände in der Verhandlung in vollem Umfang gestanden hatte. Nachdem er vor der Polizei ausgesagt hatte, zog der Mann sein Geständnis zurück und behauptete, er habe die Details aus dem Fernsehen. „Aus Angst vor der Strafe“, gab er gestern zu. kes

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