Normen und Bestien

■ Eine Ausstellung über die Hamburger Polizeibataillone im Zweiten Weltkrieg

„Aus Hamburg sind wir ausmarschiert, / Alster und Elbe Ahoi! / In Polen sind wir einquartiert,/ Hamburg wir bleiben Dir treu!“Immer ein lustig Liedlein auf den Lippen, marschierten 1939 drei Hamburger Polizeibataillone nach Polen. Ihre Aufgabe: „Umsiedlung“der polnischen Juden, Eintreibung von Waren, Vollstreckung von Todesurteilen. 1941 – Alster und Elbe Ahoi! – kam das Batallion 101 zurück in die Hansestadt. Nicht Heimaturlaub, sondern Aussiedlung der jüdischen Bürger aus dem Grindelviertel stand auf dem Programm; 1942 marschierte es zurück nach Polen. „Endlösung“hieß diesmal das Losungswort. Nach Recherchen des amerikanischen Historikers Christopher R. Browning war das Hamburger Bataillon 101 an der Ermordung von 35.000 Menschen und der Auslieferung von 45.000 Menschen nach Treblika beteiligt. Die tatsächliche Zahl, so Wolfgang Kopitzsch von der Landespolizeischule gestern auf einer Pressekonferenz im Hamburger Rathaus, sei „vermutlich wesentlich größer“.

Zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar plant die Hamburger Bürgerschaft die Ausstellung Keine Bilder des Vergessens – Hamburger Polizeibataillone im Zweiten Weltkrieg, die vom 6. bis zum 27. Februar in der Rathausdiele zu sehen sein wird, und eine szenische Lesung unter dem Titel Festsaal mit Blick auf den Bahnhof, Wald und uns. Texte eines Erinnerungsverfahrens, die am 6. und 7. Februar jeweils um 18 Uhr im Festsaal des Rathauses stattfinden wird. Eingerichtet wird die Lesung von dem Regisseur Michael Batz, der bereits im vergangenen Sommer ein Theaterstück zum Thema zeigte.

Die Veranstaltungen sollen, so Bürgerschaftspräsidentin Ute Pape, „einen Blick auf die schmale Linie zwischen menschlicher Normalität und menschlicher Bestialität ermöglichen“. Dieser Blick ist hoffentlich breiter angelegt als die Ermittlungen gegen die beteiligten Polizisten; ein umfassendes Gerichtsverfahren wurde 1967/68 nur gegen Angehörige des Reserve-Bataillons 101 geführt. ck