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„Rescapés“ – Ruandas Tutsi-Überlebende: Eine Minderheit in der Minderheit

Beim Völkermord in Ruanda 1994 organisierten Hutu- Extremisten innerhalb von drei Monaten den systematischen Mord an bis zu einer Million Menschen, um eine Machtbeteiligung der Tutsi zu verhindern. Ziel war die Ausrottung der Tutsi-Minderheit und aller Hutu, denen Sympathie mit den Tutsi nachgesagt wurde. Von den vorher schätzungsweise etwas über eine Million Tutsi in Ruanda (etwa ein Achtel der Bevölkerung) vor dem Völkermord wurden nach Kalkulation des Wissenschaftlers Gérard Prunier achthunderttausend Menschen umgebracht, dazu einige zehntausend Hutu. Danach, als die Tutsi-Guerilla RPF (Ruandische Patriotische Front) die Macht ergriff und das für den Völkermord verantwortliche Hutu-Regime nach Zaire floh, zogen Hunderttausende Tutsi aus Uganda nach Ruanda – Nachkommen jener Tutsi, die 1959 gegen Ende der belgischen Kolonialherrschaft in Ruanda bereits vor den ersten Anti-Tutsi-Pogromen geflohen waren. Die schätzungsweise zweihunderttausend ruandischen Tutsi, die den Völkermord überlebten, indem sie sich monatelang versteckt hielten oder von Freunden geschützt wurden, sind also heute eine Minderheit selbst innerhalb der Tutsi-Minderheit Ruandas. Die meisten von ihnen sind Frauen und Kinder, fast alle haben keine Verwandten mehr. Nach UN-Schätzungen gibt es heute rund hundertfünfzigtausend Waisenkinder in Ruanda, von denen fünfzigtausend in Heimen oder kirchlichen Einrichtungen leben und hunderttausend von anderen Familien adoptiert worden sind. Viele von ihnen sind Überlebende des Völkermords. Manche „Überlebenden“ – genannt rescapés – haben sich in Verbänden zusammengetan, die eine stärkere Beachtung ihrer Probleme durch den Staat fordern und sich ferner für Prozesse gegen Völkermordtäter und Erinnerungsarbeit einsetzen. Seitdem die Angriffe der aus Zaire zurückgekehrten Hutu-Milizen gegen Tutsi wieder zunehmen, wenden sie sich auch gegen die Befreiung von Völkermordverdächtigen aus den Gefängnissen und treten für eine harte Linie der Regierung ein. Wichtigster dieser Verbände ist die 1995 gegründete „Ibuka“; Ibuka-Vizepräsident Josueh Kayijaho ist zugleich Chef der ruandischen Menschenrechtsliga „Cladho“ („Kollektiv der Menschenrechtsverbände Ruandas“). Auf Druck dieser Organisationen hin beschloß das ruandische Parlament im November 1997, daß fünf Prozent des Staatshaushaltes in Zukunft an Projekte für die rescapés gehen sollen. Zum Vergleich: Fünfzig Prozent des Staatshaushaltes gehen an die Armee. „Fünf Prozent sind viel“, kommentierte diese Ankündigung Gerald Gahima, Kabinettsdirektor im Justizministerium. „Aber es sind fünf Prozent von so wenig.“ D.J.

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