: Bosnische Flüchtlinge sollen zurück
■ Die wirtschaftliche Lage in Bosnien-Herzegowina habe sich verbessert. Regierungsbeauftragter fordert Hilfsprogramm
München (AP) – Für die Mehrheit der 240.000 bosnischen Flüchtlinge steht die Rückkehr in ihre Heimat bevor. Der Flüchtlings- und Wiederaufbaubeauftragte der Bundesregierung, Dietmar Schlee, und der bayerische Innenminister Günther Beckstein sprachen sich gestern dafür aus, die Rückführungen voranzutreiben und mit Projekten zum Wiederaufbau zu unterstützen.
Schlee sagte, in Bosnien-Herzegowina habe sich die wirtschaftliche Lage so sehr verbessert, daß die Flüchtlinge in diesem Jahr ohne weiteres zurückkehren könnten, auch in Minderheitengebiete. Die Rückkehr in die isolierte und verarmte bosnische Republik Srpska allerdings müsse von einem Aktionsplan der internationalen Gemeinschaft für humanitäre Hilfe und wirtschaftlichen Wiederaufbau flankiert werden: „Wir müssen das Tor zu dieser Republik Srpska aufstoßen“, sagte Schlee.
Der Bundesbeauftragte kündigte an, er werde in den nächsten Tagen mit der politischen Führung der Republik Srpska sowie mit Bürgermeistern über die Rückkehr von Flüchtlingen sprechen. Einige Stadtoberhäupter seien bereit, muslimische und kroatische Flüchtlinge aufzunehmen, forderten dafür aber Hilfe beim Wiederaufbau. Für „ganz konkrete Projekte“, die jetzt für den Bau von Wohnungen, Schulen und Kindergärten vereinbart werden könnten, müßten so rasch wie möglich die von der Europäischen Union, von Weltbank und den Vereinten Nationen zurückgelegten Gelder abgerufen werden können, forderte Schlee.
Der Regierungsbeauftragte kritisierte die bürokratischen Hemmnisse in der EU, die den Zugriff auf die Hilfsgelder erschwerten: „Das ist ein unvorstellbarer Kampf – Tag für Tag.“ Er verhandele sowohl über Sonderprogramme auf internationaler Ebene als auch über ein abgestimmtes Vorgehen beim Wiederaufbau, etwa mit den USA, der Schweiz und Österreich.
Beckstein äußerte sich zuversichtlich, daß zurückkehrende Flüchtlinge in der Republik Srpska akzeptiert würden, wenn gleichzeitig der Lebensstandard steige. Nach Angaben der Politiker leisteten 1997 rund 100.000 bosnische Flüchtlinge der behördlichen Aufforderung zur Ausreise aus Deutschland Folge. Rund 1.000 seien zwangsweise abgeschoben worden. Auch gestern wurden laut Beckstein zwölf Menschen aus Bayern nach Sarajevo abgeschoben. Derzeit lebten knapp 170.000 Flüchtlinge aus der Republik Srpska in Deutschland, hieß es.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen