: „Eine Partei ist keine Margarine“
■ Michael Schirner (56), „Werbepapst“ und Gründer der nach ihm benannten „Werbe- und Projektagentur“, zum bündnisgrünen Wahlkampf
taz: Warum wirbt Ihre Agentur ausgerechnet für die Grünen?
Michael Schirner: Die haben uns gefragt, ob wir für sie Werbung machen wollen, und die Idee gefiel uns.
Um ein Produkt zu verkaufen, muß man dessen Kern identifizieren, lautet eine alte Werberegel. Was ist der Kern der Bündnisgrünen?
Ihr Programm, ihre Politik, das, womit sie angefangen haben: die Öko-, die Antiatomkraft-, die Friedenspartei. Das ist der alte Kern, die Seele der Grünen, und jetzt geht es darum, auch die übrigen politischen Themen zu besetzen, denn die Grünen wollen ja in die Regierung.
Weil Ihre Agentur die Grünen betreut, haben Sie die Rheinbraun Vertriebsgesellschaft, eine Tochter des Energieunternehmens RWE, als Kunden verloren.
So dramatisch war das nicht, in letzter Zeit haben wir sehr wenig für Rheinbraun gearbeitet. Daß wir für die Grünen arbeiten, hat denen allerdings in der Tat nicht sehr gut gefallen.
War auch ausschlaggebend, daß die Grünen die schärfsten Kritiker von Garzweiler II sind, dem vom RWE-Konzern betriebenen Tagebau?
Das spielte sicher eine Rolle, aber es gab auch noch andere Gründe.
Hatten die Grünen Probleme damit, daß Sie mit RWE oder früher auch mit der neuen Nukem zusammengearbeitet haben?
Nein, überhaupt nicht.
Sie haben für die taz vor einigen Jahren kostenlos eine Kampagne entworfen. Haben Sie den Grünen auch einen Sonderpreis gemacht?
Nein. Bei der taz war das wirklich eine Ausnahme. Die taz hatte wirklich gar kein Geld damals.
1994 sagten Sie, das Image der Parteien liege so tief im Keller wie selten zuvor. Ist das 1998 anders?
Das hat sich nicht geändert. Die Leute haben keine Lust mehr, sich das Geschwafel der Regierung anzuhören.
Darf Parteienwerbung Spaß machen?
Das sollte sie unbedingt. Sie muß intelligent sein und darf nicht so klischeehaft sein wie das Auftreten der großen Parteien, die ihre Nullaussagen mit Nullbildern veröffentlichen.
Unterscheidet sich eine Partei von anderen Produkten?
Wesentlich, eine Partei ist kein Stück Margarine. Parteienwerbung ist aktuell, während Kampagnen für Markenartikel möglichst konstant und konsistent angelegt sind.
Wahlwerbung muß äußerst flexibel sein und auf die Tagespolitik reagieren können. Sie entspricht viel mehr der Pressearbeit als der normalen Werbung. Interview: Ariel Hauptmeier
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