: Großer Auftritt für ein Fossil
Südafrikas früherer Präsident Pieter Willem Botha hielt vor Gericht die flammende Rede eines Ewiggestrigen. Der Prozeß gegen ihn wurde vertagt ■ Aus Johannesburg Kordula Doerfler
Das Gerichtsverfahren gegen den früheren südafrikanischen Präsidenten Pieter Willem Botha wegen Mißachtung der Wahrheitskommission ist gestern nach nur wenigen Minuten vertagt worden. Der 82jährige muß am 23. Februar wieder vor dem Gericht in der Kleinstadt George rund 400 Kilometer östlich von Kapstadt erscheinen. Wenn er sich dabei erwartungsgemäß für nicht schuldig erklärt, wird das Verfahren am 14. April beginnen – um dann vermutlich erneut vertagt zu werden.
In der Zwischenzeit will der Vorsitzende Richter die umfangreichen Akten studieren, die Botha eingereicht hat. Botha war am Morgen termingerecht zu der Verhandlung erschienen, die unter starken Sicherheitsvorkehrungen stattfand. Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten mehrere hundert Anhänger des heute regierenden Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) gegen den ehemaligen Präsidenten.
Botha hatte sich geweigert, vor der sogenannten Wahrheitskommission zu erscheinen, und sich damit strafbar gemacht. Die Kommission unter Vorsitz von Erzbischof Desmond Tutu untersucht Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Apartheid-Zeit und hatte Botha für Anfang Dezember vorgeladen. Nachdem er sich zum zweiten Mal geweigert hatte, über seine Rolle im sogenannten Staatssicherheitsrat auszusagen, erstattete Tutu Anzeige.
Doch das Verfahren gerät zur Farce, ehe es überhaupt begonnen hat, und verhilft Botha zu Publizität, die er sonst nie bekommen würde. Seine Anwälte werden auf Zeit spielen und damit durchkommen, denn die Amtszeit der Kommission endet im Juli dieses Jahres. Dann muß die Kommission einen Bericht an die Nation vorlegen und die Erkenntnisse ihrer mehr als zweijährigen Arbeit möglichst umfassend dokumentieren.
Botha, nach längerem Kränkeln wieder im Vollbesitz seiner Kräfte, nutzte den Gerichtssaal für eine flammende Rede. Der 82jährige zeigte sich vollkommen unbelehrbar und warf der Kommission vor, ihn lediglich zu einer Entschuldigung zwingen zu wollen. Dazu sei er aber nicht bereit. Er stehe zu allen, die legale Befehle ausgeführt hätten, um während des Befreiungskampfes die Anarchie abzuwenden. Darüber hinaus rief er alle Kräfte in Südafrika auf, die gegen „Chaos, Kommunismus und Sozialismus“ seien, sich zu vereinen. Auch an der neuen südafrikanischen Regierung ließ das „große Krokodil“, wie Botha im Volksmund genannt wird, kein gutes Haar. Südafrika sei auf dem Weg in einen Abgrund, die Arbeitslosigkeit steige alarmierend, und Vetternwirtschaft und Korruption stünden auf der Tagesordnung.
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