: „Reiner Elternwahnsinn“schlägt Kommunalpolitik
■ Viertelbürgermeister Robert Bücking arbeitet vorübergehend nur noch Teilzeit
Der kleine Hans hält die Mutter schon seit fünfeinhalb Monaten auf Trab. Jetzt muß einfach mal genug sein mit der ausschließlichen Kind-Fixierung, findet sie und will künftig wieder arbeiten gehen. Zumindest halbtags.
Wer sich dann um den Kleinen kümmert? Wer schon – auch Väter haben Anspruch auf Erziehungsurlaub oder Verringerung ihrer Arbeitszeit. Egal, ob sie nun Hinz oder Kunz oder Robert Bücking heißen und Ortsamtsleiter Mitte und Östliche Vorstadt sind.
Der Viertelbürgermeister will als erster Bremer Amtsleiter ab Februar nur noch halb so viel Zeit in seine Arbeit stecken wie bislang. Der entsprechende Antrag ist bei der Senatskommission für das Personalwesen eingereicht, und die hat bereits durchklingen lassen, daß alles klar- geht. „Ich möchte das nächste halbe Jahr Entwicklung mitkriegen“, erklärt Bücking.
„Natürlich ist das möglich“, sagt Helma Rumphorst, die im Innenressort für Personalangelegenheiten zuständig ist. Das regele das Bremer Beamtengesetz. Es müßten lediglich gute Gründe vorliegen. „Kein Problem ist das bei Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen.“Allerdings nutzten normalerweise eher Frauen die Möglichkeit zur Aus- oder Halbzeit. Auch auf höheren Leitungsebenen. Aber Ortsamtsleiter, die in Bremen immerhin politisch gewählte Beamte sind, habe sie noch nie gehabt. „Es muß schließlich auch sichergestellt sein, daß die Arbeit irgendwie gemacht wird.“
Kein Problem, hatte sich Bücking zunächst gedacht: Die Stadt spart ein halbes Gehalt, das Ortsamt besorgt sich dafür Honorarkräfte für einzelne Projekte. So einfach ist ein Viertelbürgermeister also zu ersetzen? Und was sagen seine WählerInnen im Beirat dazu, die bei der Wahl davon ausgehen konnten, daß Robert Bücking seine ganze Kraft in den Job steckt?
„Politisch findet dann eben weniger statt“, sagt Bücking. Besonders, da die Stadt das gesparte Geld keineswegs so einfach wieder locker machen will. „Gespart ist gespart“, meint Rumphorst.
Und gegen die Sachzwangargumentation der Haushaltspolitiker kommt Bücking nicht an. „Da werden andere für mich mitarbeiten müssen“, sagt er. Aber dafür sei „ein Kindchen glücklicher gemacht“, und er könne „wertvolle Erfahrungen“sammeln, die später wieder in die Arbeit einflössen.
Die Beiratsmitglieder sind am Wochenende schriftlich informiert worden. Aber was sollten die schon dagegen haben, fragt sich Bücking und spekuliert listig auf die politischen Überzeugungen der in seinen Beiräten vertretenen Parteien.
„Die CDU als Partei der Familie freut sich, daß ich mich der sogenannten Keimzelle des Gemeinwesens widme, die Grünen über die Gleichberechtigung, die Wählervereinigung ,Wir im Viertel' muß doch wissen, daß Kleinkinderziehung eine wesentliche Grundlage für ein drogenfreies und positives Leben ist. Und die SPD will Kindererziehung doch entgegen aller Gerüchte nicht wirklich schon nach der Entlassung aus dem Kreißsaal verstaatlichen“, faßt Bücking zusammen.
Die FDP werde sicher auch einen Standortvorteil ausmachen können. Aber eigentlich gehe es ihm gar nicht um Prinzipien. Und als missionarischer Kämpfer verstehe er sich in dem Fall schon gar nicht. „Das ist reiner Elternwahnsinn.“Deshalb soll nach einem halben Jahr auch wieder Schluß sein. Auf Dauer könne man so einen Job tatsächlich nicht halbtags machen. „Die Realität holt einen wieder ein.“ Beate Willms
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