: Harmonische Sozialisten wollen weiter tolerieren
■ PDS Sachsen Anhalt bestimmt Programm und Personen für Aprilwahl. Keine Koalition
Petra Sitte strahlte hochzufrieden. Die PDS-Fraktionschefin im sachsen-anhaltinischen Landtag wurde auf dem Parteitag ohne Gegenkandidatin auf den ersten Listenplatz für die Landtagswahl gekürt. Ginge es nach ihr, gäbe es nach der Landtagswahl im April wieder eine PDS-tolerierte rot- grüne Regierung.
Die Parteispitze zog eine positive Bilanz der vergangenen vier Jahre. Roland Claus, bis vor einem halben Jahr PDS-Chef und nun auf dem Sprung nach Bonn, nannte als Erfolg, daß man geplante Kürzungen bei den Kommunalfinanzen verhindert habe. In Sachsen-Anhalt gebe es zudem eine „aktivere Arbeitsmarktpolitik“ als anderswo im Osten der Republik. Die Landesvorsitzende Rosemarie Hein nannte das „Magdeburger Modell“ eine „kleine Revolution in Sachen Demokratie“. Viele Entscheidungen seien aus der „black box“ Landesregierung zurück ins Parlament geholt worden.
Geschlossen machten die Demokratischen Sozialisten der SPD das Angebot, eine von ihr geführte Regierung auch nach der Wahl zu tolerieren. Nur „im Notfall“ würde man auch in eine Koalition gehen – „um eine Große Koalition zu verhindern“, sagte Petra Sitte. Sie bevorzuge aber eindeutig eine Tolerierung. „Da muß ich mich nicht um Verwaltungsabläufe kümmern.“ Gegen diese Linie gab es auf dem Parteitag nur marginalen Widerspruch. Lediglich ein Vertreter der Kommunistischen Plattform klagte, der „sozialistische Charakter“ der PDS sei verschwommen. Er erntete jedoch nur müden Beifall.
Das Wahlprogramm winkten die Delegierten fast ohne inhaltliche Diskussionen durch. „Sozial und solidarisch“ lautet die Überschrift. Die Schwerpunkte liegen auf den Bereichen Arbeit, Bildung und Jugend. Konkret fordert die Partei einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor und eine Ausbildungsplatzumlage. „In der öffentlichen Wahrnehmung wird uns soziale Kompetenz zugetraut, und sonst gar nichts“, konstatierte Claus. Das Wahlprogramm macht deutlich, daß die PDS eine Ausweitung der Themenfelder gar nicht erst versucht, sondern voll auf die soziale Karte setzt.
Im Eifer des „sozialen Ausgleichs durch Umverteilung von oben nach unten“ verhedderten sich die Delegierten gelegentlich: Sie verlangten nicht nur für Wasser, Abwasser und Müll „sozial verträgliche Gebühren, sondern auch für Energie. Daß dies einer vom Parteitag beschlossenen ökologischen Steuerreform und daraus resultierenden höheren Preisen widerspricht, irritierte die Mehrheit der Sozialisten nicht.
Der befürchtete Streit um stasi- belastete Kandidaten fiel weitgehend aus. Erst für den zehnten Listenplatz bewarb sich Protagonist Friedrich Rabe. Bei seiner Vorstellung erntete er stellenweise Gelächter unter den Delegierten. Er erhielt bei der Abstimmung gerade fünf Stimmen.
Allein PDS-Bundestags-Star Gregor Gysi vermochte den Parteitag mit einem persönlichen Wahlkampfappell aufzumuntern: Er habe nur wenige Tage, an denen ihm in Bonn die Arbeit Spaß mache – an Montagen nach Wahlen im Osten, bei denen die PDS wieder erfolgreich war. Eine Delegierte aus Quedlinburg meldete dem PDS-Gruppenchef Kampfbereitschaft. „Ich bin in meiner Basisgruppe mit 68 die jüngste“, rief sie, den Arm auf eine Krücke gestützt, von der Rednertribüne. Aber alle seien bereit, im Wahlkampf mitzumachen. Toralf Staud
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