Kommentar: Nebelgranaten
■ Senat feilt am Lauschangriff
SPD-Parteichef Detlev Albers hatte am Wochenende Nachbesserungen am großen Lauschangriff gefordert. CDU-Fraktionschef Ronald-Mike Neumeyer kletterte jetzt die Eskalationsleiter eine Sprosse höher. Scherf stelle die Koalition in Frage, hieß es. Im Umkehrschluß: Wenn der Bürgermeister gegen den Lauschangriff stimmt, ist er möglicherweise nicht mehr lange Senatspräsident.
Im Prinzip verbergen sich hinter all diesem Geschrei nichts anderes als Nebelgranaten. Die CDU fordert den großen Lauschangriff, und der Machtmensch Scherf will sein Gesicht nicht verlieren. Das läßt sich auf Bremer Ebene nur mit einem Kompromiß lösen. Ein erstes Indiz dafür ist die gemeinsame Erklärung der beiden Bürgermeister Scherf und Perschau (CDU). Sie wollen sich um gemeinsame Positionen mit anderen Ländern bemühen, um ein einvernehmliches Vorgehen der großen Koalition zu garantieren.
Wie könnte solch ein Kompromiß aussehen? Scherf will für alle Berufsgruppen mit Zeugnisverweigerungsrecht Abhörschutz und einen Lauschangriff generell nur bei schweren zu erwartenden Straftaten. Rückt er von einer der beiden Forderungen ab, wäre dies ein Königsweg, den die CDU beschreiten könnte. Und Scherf dürfte sich damit rühmen, weitere Nachbesserungen durchgesetzt zu haben. Dies gilt es jetzt abzustimmen unter den Ländern. Dann kann der große Lauschangriff kommen. Jens Tittmann
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