: Vorläufig inoffiziell
■ Wird Gerhard Zeiler, Generalintendant des ORF, Helmut Thoma als RTL-Chef beerben?
Es geht um das Erbe von „Mr. Fernsehen“. Als vor zwei Wochen bekannt wurde, daß Helmut Thoma den Chefsessel bei RTL räumt, verlautbarte der Sender, die Nachfolge sei „völlig offen“. Doch bald kamen Gerüchte auf, Wunschkandidat werde Gerhard Zeiler sein, Generalintendant des Österreichischen Rundfunks. Gestern war sich das Magazin Focus ganz sicher: „Die Bedingungen sind geklärt, der Vertrag so gut wie fertig.“ Zeiler werde es ablehnen, seinen bis Ende des Jahres laufenden ORF-Vertrag zu verlängern, und den „650.000-Mark-Job“ in Wien gegen ein Millionengehalt in Köln eintauschen. Offiziell gaben weder RTL noch der Mutterkonzern CLT/Ufa eine Stellungnahme dazu ab. ORF-Sprecher Thomas Prantner tat den Bericht als „völlig aus der Luft gegriffen“ ab. Der Generalintendant werde zu Ostern bekanntgeben, ob er seinen Vertrag in Wien verlängern will.
Für den 42jährigen Zeiler wäre es eine Wiederkehr ins deutsche Privatfernsehen. Bis 1992 machte er mit Tele5, das auch der CLT ge- hörte, dem Kirch-Sender Pro7 Konkurrenz. Doch dann übernah- men Springer und Kirch den Sender und wandelten ihn in das Deutsche Sportfernsehen um. Zeiler mußte gehen und startete kurze Zeit später RTL2. Als er 1994 Generalintendant des ORF wurde, war er Wunschkandidat der SPÖ, bekam aber nach längerem Tauziehen auch die Stimmen der Konservativen. Den ORF reformiert Zeiler seit drei Jahren und setzt dabei auf Zielgruppengenauigkeit.
Stimmen die Wechselgerüchte, würde Thoma möglicherweise seinen Chefposten früher verlassen als bisher angenommen. Sein Vertrag läuft Ende 1999 aus, Zeilers Kontrakt jedoch schon im Oktober 1998. Wie es heißt, war der 58jährige Thoma ursprünglich bereit, seinen Vertrag bis 2004 zu verlängern. Doch beim Bertelsmann- Konzern, zu dem RTL-Hauptgesellschafter CLT/Ufa gehört, liegt die Altersgrenze für Topmanager bei 60 Jahren. Deswegen soll Thoma an die Spitze des RTL-Beirats wechseln. Wiederholt wurde berichtet, es gebe Verstimmungen zwischen Thoma und CLT/Ufa. Verärgert seien die Konzernmanager über Thomas Kritik an den digitalen Pay-TV-Plänen von Bertelsmann und Kirch. Zudem habe der Chef für „mein Baby“ (Thoma über RTL) zuviel Geld für Filmrechte ausgegeben.
Genauso heftig wie über die Thoma- Nachfolge wird über die Zukunft des Quotenkönigs spekuliert. Als bloßes „Zirkuspferd“ (Spiegel) einer PR-Show für RTL will er sicher nicht dienen. „Einen neuen Sender innerhalb des RTL- Kreises zu gründen würde mich schon reizen“, sagte er letzte Woche der Zeitschrift Bunte. Klar sei, daß er aus dem alten Trott raus wolle. Focus spekuliert gar, wenn Zeiler nach Köln gehe, könne ja Thoma in Wien Intendant werden, wo er schon vor seiner RTL-Zeit Justitiar beim ORF war. Freilich müßte Zeiler erst einmal wechseln.
Der Spiegel hatte berichtet, aus Sicht der Bertelsmann-Oberen müsse statt des autokratischen, „nicht konzernfähigen“ Herrschers Thoma ein „moderner Ma- nager“ her. Ob Zeiler das ist? Immerhin bescheinigt ihm der langjährige ORF-Chef Gerd Bacher, unter dem Zeiler Generalsekretär war, ein „autonomer Machthaber“ gewesen zu sein. Als „Durchführungsorgan“ habe er sich nie verstanden. Georg Löwisch
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