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Kleine Märzrevolution in Mitte

■ Bezirk weigert sich, Gelände vor dem Maxim Gorki Theater zum Platz umzugestalten. Initiative 18. März kündigt an, den Platz vor dem Brandenburger Tor in Eigenregie umzutaufen

In der Stadt formiert sich eine kleine revolutionäre Bewegung, um entgegen offiziellen Senatsplanungen der 48er Märzrevolution angemessen von unten zu gedenken. So ging gestern der Bezirksbürgermeister von Mitte, Joachim Zeller (CDU), im Streit um die Benennung eines Platzes zur Erinnerung an die Märzrevolution auf Konfrontationskurs zum Senat. „Wir halten an unserem beschlossenen Konzept fest“, sagte Zeller. „Der Weisung des Senats, die kleine Fläche vor dem Maxim Gorki Theater umzubenennen, werden wir nicht nachkommen.“

Nachdem die Bezirksverordnetenversammlung von Mitte im August 1997 in Absprache mit dem Bezirk Tiergarten beschlossen hatte, den Platz vor dem Brandenburger Tor nach der Revolution zu benennen, hatte der Senat das Verfahren an sich gezogen. In der vergangenen Woche faßte dieser dann den Beschluß, nur das Gelände beim Maxim Gorki Theater umzuwidmen. Die Weisung an den Bezirk, nun den Senatsbeschluß umzusetzen, beantwortete Zeller gestern mit deutlichen Worten: „Wenn der Senat ein Konzept dafür hat, wie er aus dieser Fläche einen Platz machen will, dann soll er es tun.“ Der Ort habe bereits einen Namen und könne rein formal gar nicht umbenannt werden. „Aus bezirklichen Mitteln sehen wir uns nicht in der Lage, daraus einen Platz zu machen“, so Zeller weiter. Die Baustadträtin von Mitte, Karin Baumert (für PDS), hält es für „ausgesprochen problematisch, daß der Senat eine Umbenennung hier in einem undemokratischen Akt entscheidet“.

Schützenhilfe bekam Zeller von dem Zusammenschluß Initiative 18. März, der gestern sein Programm für die Gedenkveranstaltungen vorstellte. „Was der Senat hier macht, ist blamabel, peinlich, entwürdigend“, erregte sich Volker Schröder von der Aktion 18. März. „Es ist eine Schande für Berlin, daß der Senat selbst nichts macht und das, was andere machen, auch noch behindert.“ Er kündigte auch an, daß man den Platz vor dem Brandenburger Tor am 18. März in eigener Initiative umbenennen werde: „Wir werden das durchführen. Und wenn der Senat die Schilder wieder abreißen will, dann soll er das tun.“

Derzeit sieht es nicht nach einer Einigung zwischen Senat, dem Bezirk und den Initiativen aus. Senatssprecher Michael-Andreas Butz betonte gestern, es werde keine andere Umbenennung als die vom Senat beschlossenen geben. „Noch wird das Land nicht der Lächerlichkeit preisgegeben“, so Butz. Die Sprecherin von Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU), Petra Reetz, erklärte gestern, daß man die Haltung von Mitte zur Kenntnis nehme. „Das heißt, daß wir nun tätig werden“, sagte sie; ihre Verwaltung werde die Kosten tragen. Geplant ist, einen Platz zu gestalten und den Tunnel, in dem derzeit noch die Galerie des Künstlers Ben Wargin untergebracht ist, zu deckeln. Barbara Junge

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