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„Wenn die Schule brennt, brennt sie ab“

Hamburgs Feuerwehrleute protestieren gegen geplante Verlängerung der Arbeitszeit  ■ Von Kai von Appen

Bei Hamburgs Berufsfeuerwehr brodelt es. Denn Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) plant aufgrund des Sparhaushaltes, die wöchentliche Arbeitszeit der knapp 1.900 staatlichen Löscher um zwei auf 50 Stunden anzuheben. Nach einer „Sonder-Personalversammlung“gestern vormittag faßte Personalrat Wolfgang Meißner die Stimmung so zusammen: „Die Kollegen sind aufgebracht.“

Sparen bei der Feuerwehr ist in Hamburg nicht neu: Bereits in den vergangenen zwei Jahren mußten die staatlichen Löscher den Abbau von 175 Stellen im Bereich Personal hinnehmen. Auch in den nächsten Jahren ist mit keinen Erhöhungen des Etats zu rechnen. Dabei erreicht schon heute ein Drittel der Feuerwehrleute nicht das Rentenalter, weil die Beamten durch den aufreibenden Dienst verschlissen sind.

Den Innensenator läßt das kalt: Es seien zwar Alternativ-Lösungen wie die Schließung zweier Feuerwachen geprüft worden, erklärte Wrocklage gestern vor den über 800 Versammelten. Die Behörde sei aber zu der Erkenntnis gekommen, daß eine Schließung „weitreichende Folgen“hätte. In der Tat wäre die Stillegung ganzer Feuerwachen weder politisch noch gegen das zu erwartende Panikgeschrei der Hamburger Boulevardpresse durchzusetzen. Meißner: „Dann gibt es nicht nur Protest bei den Feuerwehrleuten.“

Schon jetzt formiere sich zum Beispiel im Zusammenhang mit der Wache Sasel der Bürgerprotest, weil die Besatzung eines Löschzuges von 16 Beamten auf 10 Mann reduziert worden ist. Der Plan, die Arbeitszeit zu verlängern, sei daher „der Weg des geringsten Widerstandes – denn streiken dürfen und wollen wir nicht“.

„Der Senator ist nicht bereit, gegenüber seinen Senatskollegen deutlich zu machen, daß nicht mehr gespart werden kann, ohne die Leistungsfähigkeit zu gefährden“, beklagt sich der Personalrat. Er fordert daher direkt den Senat auf, alternative Sparmodelle zu beraten und bekräftigt nochmals die Notwendigkeit einer intakten Feuerwehr. Meißner: „Wenn ein Lehrer fehlt, fällt eine Stunde oder ein Tag aus. Wenn die Schule brennt und die Feuerwehrleute fehlen, brennt eine Schule ab – und dann gibt es gar keinen Unterricht mehr.“

Scharf wendet sich der Personalrat gegen platte und plakative Vergleiche mit anderen deutschen Metropolen. So würde als Argument aufgeführt, daß in München die Feuerwehr 56 Stunden arbeiten. Doch der Vergleich hinke. Denn in der bayerischen Hauptstadt wurden bei einer 56-Stundenwoche im vorigen Jahr mit 1.500 Beamten 54.000 Einsätze gefahren. In Hamburg waren es bei einer 48-Stundenwoche mit 1.875 Leuten fast viermal so viele: 199.000 Rettungseinsätze weist die Statistik aus. Meißner: „Die Belastung ist in Hamburg bei einer 48-Stundenwoche ungleich höher als in München. Und die fühlen sich auch schon überlastet.“

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