Rechtsradikaler Auftrieb in Lübeck

■ „Bündnis Rechts“will mit „Volkszorn“ins Rathaus. Morgen Groß-Demo zum Auftakt für die Kommunalwahl

Wahlkampfauftakt am Tag der „Machtergreifung“Hitlers. Ihr Ziel, den „Volkszorn ins Rathaus zu tragen“, kündigen seit Wochen Stelltafeln auf den Straßen Lübecks an. Für den morgigen Samstag hat das „Bündnis Rechts für Lübeck“eine Demonstration durch den Hochhaus-Stadtteil Moisling angemeldet – in dem rechte Parteien bei den vorigen Kommunalwahlen 16 Prozent der Stimmen errangen. Am 22. März, wenn das nächste Mal die Gemeindeparlamente in Schleswig-Holstein gewählt werden, will das „Bündnis Rechts“ins Rathaus der Hansestadt einziehen. Die Stadt hat den Aufmarsch der Rechtsextremen am Samstag erlaubt.

Ein „Bündnis Rechts für Deutschland“agiert landesweit in Schleswig-Holstein. Unter diesem Namen vereinen sich seriös daherkommende Rechtskonservative mit militanten Skinhead-Nazis, rechtsextreme Parteien wie die „Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)“und die „Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH)“mit Gruppierungen, die sich offen in die Tradition des Nationalsozialismus stellen – eine „gefährliche Mischung“, wie die Antifa-Zeitung enough is enough schreibt. Zu den schleswig-holsteinischen Kommunalwahlen treten sie nur in Lübeck mit einer Wählergemeinschaft an.

Deren Vorsitz führt Dieter Kern, Techniker im Lübecker Umweltamt, Mitglied von DLVH und NPD. Führend beteiligt ist auch der Neonazi-Kader Thomas Wulff aus Hamburg, ehemaliger Vorsitzender der vor wenigen Jahren verbotenen „Nationalen Liste“(NL).

Das „Bündnis Rechts für Lübeck“ist bei den Kommunalwahlen der einzige Kandidat aus dem rechtsradikalen Lager. Die Republikaner verkündeten im Januar ihren Verzicht auf eine eigene Kandidatur und forderten ihre Klientel auf, für das Bündnis zu stimmen. In dessen Bandbreite könnte zugleich die Stärke wie auch die Schwäche liegen. Einige AntifaschistInnen rechnen mit dem Einzug des Bündnisses in das Lübecker Rathaus, da sie im braunen Spektrum konkurrenzlos sind. Andere glauben, daß ihnen dafür zu sehr das Image der Stiefelnazis anhafte.

Gegründet wurde die Mutterorganisation, das „Bündnis Rechts für Deutschland“, im Spätsommer 1996 durch eine gemeinsame Initiative der schleswig-holsteinischen Landesverbände der NPD und der DLVH. Auf den bisherigen vier Veranstaltungen nahmen um die 150 Leute teil. Thematisch ging es um „Arbeitsplätze für Deutsche“, „Deutschland im Würgegriff der Eurokraten“, „Neue Wirtschaftsordnung im deutschen Volksstaat“. An einer Demonstration im Mai 1997 durch Bad Segeberg beteiligte sich der „Freiheitliche Volksblock (FVB)“, dessen AktivistInnen in schwarzer, SS-ähnlicher Uniform auftreten.

Der Zusammenschluß fast aller Nazi-Organisationen ohne rechte Gegenkandidatur soll zum Modell für andere Kommunen, Länder und den Bund werden. Nadia Berr

Gegendemonstration am Samstag um 10 Uhr, Am Dorfteich Moisling