Ein mysteriöser Unfalltod im Nebel

■ War Burundis Verteidigungsminister Firmin Sinzoyiheba, der am Mittwoch mit seinem Hubschrauber abstürzte, Opfer eines Komplotts?

Brüssel (taz) – Der Tod des burundischen Verteidigungsministers Firmin Sinzoyiheba am Mittwoch hat die Gerüchteküche in Burundis Hauptstadt Bujumbura angeheizt. Die Überzeugung ist weitverbreitet, daß die offizielle Version eines Unfalls nicht stimmt.

Sinzoyiheba starb, als sein Hubschrauber am Mittwoch früh auf dem Weg von Bujumbura nach Gitega östlich der Hauptstadt abstürzte. Nach Angaben der Regierung verlor der Pilot während eines Gewitters die Kontrolle und flog in dichtem Nebel direkt in einen Berghang der Gihanga-Hügelkette.

Der Verteidigungsminister war auf dem Weg zu einem politischen Treffen, bei dem die burundische Militärregierung unter Major Pierre Buyoya zusammen mit allen politischen Kräften außer der Guerilla und der radikalen Tutsi- Partei „Parena“ in Gitega über Wege zur Befriedung des bürgerkriegsgeschüttelten Landes beraten sollte. Kämpfe zwischen der Tutsi-dominierten Armee Burundis und rivalisierenden Hutu- dominierten Rebellengruppen haben seit 1993 über 200.000 Tote gefordert. Nach dem Tod des Ministers hat die Regierung jetzt eine viertägige Staatstrauer verhängt und die Gespräche in Gitega verschoben.

In einem Land wie Burundi, wo Gerüchte und Verdächtigungen das politische Leben beherrschen, stößt der Unfalltod eines der mächtigsten Militärs zu einem so delikaten Zeitpunkt auf Unglauben. Die vorherrschende Meinung in der Hauptstadt Bujumbura ist, daß der Hubschrauber abgeschossen wurde oder Sabotage im Spiel war.

Die offizielle Version dementiert, daß Hutu-Rebellen den Hubschrauber abgeschossen hätten, und diese übernehmen auch keine Verantwortung. Als Urheber für ein Attentat werden eher Rivalen Sinzoyihebas innerhalb der Militärhierarchie vermutet – es zirkuliert sogar die These, Präsident Buyoya wolle sich eines Rivalen entledigen. Auffällig ist, daß Buyoya, der ebenfalls an den Gesprächen von Gitega teilnehmen sollte, mit seinem Hubschrauber eine andere, weniger gefährliche Route nahm als sein Verteidigungsminister.

Buyoya gilt als Vertreter des Reformflügels innerhalb des Militärregimes, während Sinzoyiheba letztes Jahr Urheber der Idee war, Hunderttausende Hutu-Bauern in Sammellager zu stecken, um die Hutu-Rebellen von der Bevölkerung abzuschneiden. Dies war militärisch erfolgreich, führte aber zu einer humanitären Katastrophe.

Andererseits galt der in Frankreich und Deutschland militärisch ausgebildete Sinzoyiheba bisher immer als enger Freund Buyoyas. Als das burundische Militär im Juli 1996 die vorherige zivile Regierung absetzte, war es Sinzoyiheba, der die Putschisten davon überzeugte, den bereits von 1988 bis 1993 regierenden und als relativ gemäßigt geltenden Buyoya wieder an die Staatsspitze zu setzen.

Davor hatte er die Putschfreudigkeit gewisser Militärs monatelang gebremst und die Verankerung der Hutu-Rebellen in der Bevölkerung offen anerkannt. Dies gelang ihm erst dann nicht mehr, als im Frühsommer 1996 Überlegungen zu einer ostafrikanischen Militärintervention zur Beendigung des Bürgerkriegs in Burundi begannen und die Tutsi-Politiker in Bujumbura sich radikalisierten.

Auch wenn die These eines Komplotts bisher nicht zu erhärten ist, wirft der Umstand, daß solche Überlegungen überhaupt aufkommen, ein Schlaglicht auf Rivalitäten im burundischen Militär. Seit dem Überraschungsangriff radikaler Hutu-Rebellen auf den Flughafen von Bujumbura zum Jahreswechsel grassiert Unruhe in der Armee. Das Wiederaufflammen des Bürgerkriegs und der Stillstand im Friedensprozeß gelten als Zeichen dafür, daß Buyoya nicht mehr Herr der Lage ist. So sollen einigen Beobachtern zufolge Teile des Militärs überlegt haben, Buyoya durch Sinzoyiheba zu ersetzen. Buyoya hat nach wie vor viele Feinde unter radikalen Tutsi-Politikern in Bujumbura. François Misser