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Männer – hart, gefühlsarm, gewalttätig

■ Eine Gleichberechtigungskonferenz des Bundesfrauenministeriums untersuchte die Emanzipation als Herausforderung für Männer

Bonn (taz) – Wann sind Männer beziehungsfähig? Männer, dazu befragt, sagen: Wenn sie ihre Familie ernähren können und regelmäßig Zeit mit ihr verbringen. Wenn sie nicht fremdgehen und sich nicht zu oft betrinken – und vor allem, wenn sie ihre sexuellen Pflichten erfüllen. So sieht es aus in deutschen Landen, versicherte gestern der Berliner Soziologe Professor Walter Hollstein während der 6. Gleichberechtigungskonferenz des Bundesfrauenministeriums in Bonn. „Gleichberechtigung – eine Herausforderung für Männer“ war die Veranstaltung überschrieben. Bundesfrauenministerin Claudia Nolte (CDU) forderte die „gleichberechtigte Partnerschaft, von der alle profitieren werden“. Emanzipation sei nicht nur ein Thema für Frauen, sondern auch für Männer: „Wenn sich eine Seite ändert, die andere aber nicht, dann kann am Ende kein Ganzes dabei herauskommen.“

Männer zeigen Härte, sind auf Leistung fixiert, gefühlsarm und gewalttätig. Sie brauchen den Erfolg für Glück und Zufriedenheit. Wer all das nicht verwirklicht, ist kein Mann, zumindest kein traditioneller. Mit dieser Rolle lebt er gefährlich: „Die traditionelle Männlichkeit ist eine hochriskante Lebensform – und ein soziales Problem“, sagte Hollstein. Riskant deshalb, weil Männer im Schnitt viel früher sterben und häufiger erkranken als Frauen. Ein soziales Problem, weil sie zu teuer ist. Die Folgekosten traditioneller Männlichkeit beziffert der Berliner mit rund 29 Milliarden Mark jährlich. So ein „richtiger Kerl“ verunglückt nicht nur häufiger mit dem Auto als Frauen. Er füllt auch Frauenhäuser, läßt soziale Dienste arbeiten, beschäftigt Gefängniswärter, Krankenhauspersonal, Verwaltungen und Versicherungen.

Viele Männer litten nach wie vor an „emotionaler Verstopfung“. Sie seien kaum in der Lage, Gefühle zu zeigen. Ständige „Selbstvergewaltigung“ sei die Folge, meint Hoffstein. Dauernd unter Druck, ihrer Rolle gerecht zu werden, sterben mehr Männer als Frauen durch Selbstmord. Das hat Gründe: 86 Prozent aller Männer haben keinen wirklich guten Freund, mit dem sie über Probleme reden können.

Keine rosigen Aussichten also für die nachwachsende Männergeneration. Doch in den USA haben einzelne Firmen die Zeichen der Zeit erkannt. „Dort gibt es ein großes Bankhaus, das seine männlichen Mitarbeiter weiblich nachsozialisiert“, so Hollstein. Die hätten erkannt, daß Frauen freundlicher auf Kunden zugingen, offener und gesprächsbereiter seien.

Die deutschen Männer wollen das auch. Eine Studie belege, daß bestimmte Männer schon geläutert seien. Hollstein: „Der Prototyp dieses Mannes sieht etwa so aus: 28 bis 42 Jahre alt, geistes- oder sozialwissenschaftliches Studium, Engagament im sozialen Bereich, in der Regel Arzt, Pädagoge, Psychologe oder Pfarrer.“ Diese Männer seien autark, erklärte Hoffstein. Endlich eine Generation, die eigenständig bügeln, kochen und putzen kann. Thorsten Denkler

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