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Kurden im Visier

■ Dem niedersächsischen LKA reichen schon pauschale Vorurteile, um zu ermitteln

Hannover (taz) – Vorurteile gegen Kurden im niedersächsischen Celle haben zu umfangreichen Ermittlungen des niedersächsischen Landeskriminalamts geführt. Im Auftrage der Zentralstelle zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle wurden in den vergangenen eineinhalb Jahren fünfhundert Hauskäufe untersucht, durch die im Raum Celle ansässige kurdische Familien ein Eigenheim erworben hatten.

Hintergrund für die Ermittlungen waren seit langem in der Lokalpresse kolportierte Gerüchte, wonach die rund 2.500 in Celle lebenden Kurden das Geld für ihre Eigenheime durch Drogengeschäfte oder Schutzgelderpressungen erworben haben sollen. „Viele in Celle haben sich gefragt, wo das Geld für die Immobilienkäufe herkommt“, begründete der Celler Generalstaatsanwalt Manfred Endler (CDU) gestern die Ermittlungen.

Nach Angaben von Endler haben auch 20 Hausdurchsuchungen stattgefunden. Bestätigen konnte allerdings auch das Landeskriminalamt die Vorurteile nicht. „Im Zuge der Ermittlungen haben sich keine Anhaltspunkte dafür gefunden, daß das Geld für die Hauskäufe aus Drogengeschäften, aus Geschäften im Rotlichtmilieu stammt oder durch Sozialhilfebetrug erworben wurde“, sagte Endler gestern. Nach Angaben von Endler haben sich lediglich bei 28 der 500 überprüften Immobilienkäufe Anhaltspunkte auf Steuerdelikte ergeben. In diesen Fällen müsse jetzt geprüft werde, ob die Käufer der Häuser Einkünfte dem Finanzamt nicht angezeigt hätten. „Auch ein im wesentlichen negatives Ermittlungsergebnis kann den Rechtsfrieden wiederherstellen und in der Bevölkerung verbreitete Stimmungen zerstreuen“, sagte Endler gestern. Die Grünen im Landtag sprechen allerdings von „Rassismus pur“. Die Kurden würden pauschal als Kriminelle an den Pranger gestellt, kritisierte der Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Pico Jordan. Jürgen Voges

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