Irlands Triumvirat des Horrors Von Ralf Sotscheck

Im Zusammenhang mit Richtern wird häufig das Adjektiv „weise“ gebraucht – oft völlig grundlos. Auf Kieran O'Connor vom Dubliner Strafgericht zum Beispiel paßt eher die Beschreibung „unfähiger Klotzkopf“. Vorige Woche war der Schwimmlehrer Derry O'Rourke angeklagt, jahrelang kleine Mädchen vergewaltigt zu haben. Die Taten liegen zum Teil zwanzig Jahre zurück, doch erst jetzt konnten die Opfer öffentlich darüber sprechen. Eine Frau erzählte, wie O'Rourke anfangs ihre Brüste abtastete, um angeblich die Muskelbildung zu überprüfen, und sie später in dem Raum neben dem Schwimmbecken, der bei den Mädchen „Horrorzimmer“ hieß, mehrmals in der Woche vergewaltigte.

„Ich bin ein Mann“, erklärte der Richter wahrheitsgemäß, „ich war nie eine Frau.“ Aber er könne ihr Trauma dennoch gut nachvollziehen, denn er habe ihre Geschichte ja in den Akten gelesen. Er fragte deshalb, warum sie alles vor Gericht noch mal erzählen wolle. Die Frau: „Es tut mir leid, wenn meine Qualen sie quälen.“ Als sie sagte, daß sie seit damals nie wieder ein Schwimmbad habe betreten können, meinte Richter Feingefühl: „Tja, muß eine ziemlich böse Sache gewesen sein. Aber ich habe schon viel Schlimmeres gehört.“ Im übrigen solle sie es mal mit einem Bad im Meer versuchen. Das sei sehr entspannend.

Der „Pool Pervert“, wie ein Boulevardblatt O'Rourke getauft hatte, wurde zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Er war der letzte eines Triumvirats, das Irlands Schwimmsport jahrzehntelang beherrscht hatte. George Gibney, Frank McCann und O'Rourke, alles ehemalige irische Meister, waren für das Nationalteam, die Olympiaauswahl und die Nachwuchsförderung verantwortlich. Gibney war der erste, der des Kindesmißbrauchs beschuldigt wurde. Ein Mädchen vertraute sich damals ausgerechnet O'Rourke an. Seine Reaktion: „Na und?“ Als die Eltern sich beim Schwimmverband beschwerten, empfahl man ihnen, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Daraufhin verlangten sie eine Unterredung mit McCann. Der erklärte ihnen: „Ich kann nichts unternehmen, und sie können es auch nicht.“ Später schwängerte McCann eine Schwimmerin. Damit seine Frau nichts davon erfuhr, brachte er sie um – und seine kleine Nichte ebenfalls, weil sie im Haus war, als er es anzündete.

Nachdem O'Rourkes Taten ans Licht kamen, fand er zu Gott. Zum Prozeß hatte er einen Priester mitgebracht, der eine Petition gegen eine Lockerung des Abtreibungsverbots unter der Soutane hervorzog. O'Rourke unterschrieb als erster. Danach sollten es die Eltern der von ihm vergewaltigten Mädchen tun. Er schließe seine Opfer stets in seine Gebete ein, sagte O'Rourke. Seine Frau und eins seiner sechs Kinder erklärten, sie seien immer eine glückliche Familie gewesen – „und sind es noch“.

Irlands Goldhamster Michelle de Bruin, die bei den Olympischen Spielen zwei Goldmedaillen gewann, war früher auch in O'Rourkes Obhut, er habe sie aber in Ruhe gelassen. Sie forderte die Auflösung des Schwimmverbandes. Eine Verbandssprecherin sagte am Wochenende jedoch, man habe die Lektion gelernt: Ab sofort müssen Schwimmtrainer, die mit Kindern arbeiten, ein Formblatt ausfüllen. Vielleicht sollte man das für Richter auch einführen.