: Unterschiedliche Sprache
■ Erstmals geht in Mannheim und Dortmund Uni-Fernsehen an den Start. Ein PR-Produkt?
„Wir wollen hier keinen Verlautbarungssender machen.“ Joachim Kaiser betont die journalistischen Möglichkeiten des Universitätsfernsehens: „Fundierte Magazinbeiträge aus Wissenschaft und Forschung“ sollen die Studenten der Unis in Mannheim und Heidelberg und der Mannheimer FH für Technik bald allmonatlich in 30 Minuten auf den Bildschirm bringen können. Kaiser ist Programmplaner, Produzent und Moderator des Uni-Magazins, das am 28. April auf dem Mannheimer Maimarkt live auf Sendung gehen soll.
Das besondere: Kaisers Campus-Fernsehen wird auf dem privaten „Rhein-Neckar-Fernsehen“ RNF-plus ausgestrahlt. Auftraggeber des zukünftigen Programm- Machers sind dagegen die Presse- und PR-Stellen der beteiligten Hochschulen. Bert Siegelmann, Geschäftsführer und Programmdirektor des lokalen Privatsenders, freut sich: „Bei einem so konzentrierten Angebot der Hochschulen kommt man an diesem Thema fast nicht vorbei.“
Auch in Dortmund soll es Hochschulfernsehen geben, aber nach einem gänzlich anderen Konzept als in Mannheim. Die Dortmunder fühlen sich beim PR-Getrommel des „bundesweit ersten“ Uni-TV der Hessen übergangen: „Die Kollegen senden zwar im Programmfenster eines Privaten – das ist neu, aber die ersten sind sie nicht“, meint der Journalistikprofessor Ulrich Petzold. Der Dortmunder Journalistennachwuchs wird fast zeitgleich im Mai dieses Jahres mit einem 30minütigen Wochenmagazin starten – im Offenen Kanal, wo keine Sendungen wegen mangelnder Einschaltquote aus dem Programm fliegen. Nicht PR- Themen wolle man senden, sondern lokale Sujets mit wissenschaftlichem Hintergrund aufbereiten. „Wir wünschen dem Mannheimer Projekt natürlich Erfolg, ich glaube aber, daß Wissenschaft und Fernsehen unterschiedliche Sprachen sprechen und medial nur schwer miteinander vereinbar sind“, meint Petzold.
Joachim Kaiser hingegen glaubt an Themen aus Wissenschaftsbetrieb und Hochschulpolitik: „Studentenproteste werden, sofern aktuell, natürlich in die Sendung gehoben.“ Einer seiner drei Chefs, der Mannheimer Uni-Pressesprecher Heiner Stix, weiß es besser: „Natürlich ist Campus-TV ein PR- Produkt der Unis, und in einer Gesprächsrunde auf dem Sender haben Parolen verständlicherweise keinen Platz.“ Was Platz hat, wissen die neuen Programmchefs selbst noch nicht: „Das muß erst noch erarbeitet werden“.
„Studentische Ressourcen“, so Kaiser, sollen auf jeden Fall für sein Campusfernsehen angezapft werden. Die StudentInnen aus Mannheim und Heidelberg dürften allenfalls als Kabelträger zuarbeiten, unken Kritiker im Rahmen eines „Praxisseminars“. Zumindest fürs Design werden sie auch zuständig sein: FH-StudentInnen entwerfen die Grafiken fürs Programm und bekommen im Gegenzug ein Diplom.
Das Sendeformat soll ein Magazin sein, betont Kaiser – mit Beiträgen, Nachrichtenblocks, Live- Schaltungen und Gesprächsrunden. Die Anschubfinanzierung von 90.000 Mark stellt die baden- württembergische Medienbehörde LfK. Die eher bescheidene Summe soll 1998 sechs Sendungen ermöglichen. „Wir verdienen hier kein Geld, sondern legen eher drauf“, definiert sich RNF-Chef Bert Siegelmann selbst als Sponsor; schließlich stelle RNF die Studiotechnik. Dabei kommt gerade ihm das Uni-Magazin äußerst gelegen. Seit einiger Zeit darf der Privatsender mit einer erweiterten Lizenz rund um die Uhr senden – wenn es bislang auch häufig Standbilder gibt. Damit der Sender bei seinen Bemühungen in Richtung Vollprogramm nicht allzuviel investieren muß, passen die akademischen Programmlieferanten gut ins Konzept. Hardy Prothmann
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