Revolte am Sektglas hängengeblieben

■ Angestelltenkammer umarmt protestierende Arbeitslose

Es hatte eine subversive Aktion der Arbeitslosenaktivisten werden sollen. Überraschend und mit sanftem Druck, um die zum Empfang in der Bremer Angestelltenkammer versammelten Personal- und Betriebsräte auf die vergessene Masse aufmerksam zu machen. Kaum hatte das Dutzend Demonstranten aus dem Arbeitslosenkreis der IG Metall das Kammergebäude betreten, drückte man ihnen Sektgläser in die Hand. Sie bekamen sogar die Erlaubnis, zu den Arbeitnehmervertretern zu sprechen. Ein Aktiver war ganz erleichtert über die Harmonie bei der Aktion. „Wenn es ruppig geworden wäre, wäre ich gegangen.“

Die Arbeitslosen seien zwar nicht ausdrücklich willkommen, sagte Kammer-Präsidentin Irmtrud Gläser, dürften aber trotzdem gerne bleiben. Warum die Arbeitslosenvertreter nicht eingeladen waren zum Empfang der Kammer? Sie seien keine Funktionsträger in den Betrieben. Die Aufforderung zu solidarischem Dialog werde die Kammer gerne aufgreifen.

Die geladenen Gäste bekamen die Forderungen der Arbeitslosen auf einem Flugblatt präsentiert. Die Betriebsräte sollten Überstunden nicht mehr zustimmen und dafür sorgen, daß gesetzliche Arbeitszeiten eingehalten werden. Statt Sozialplänen müsse kluge Beschäftigungssicherung im Vordergrund stehen, 620-Mark-Jobs müßten verhindert, der Einsatz von Leiharbeitsfirmen verbannt wereden, weil „Sklavenhändler die Tariflöhne kaputtmachen“. Für Tarifverhandlungen um Lohn fordern die Arbeitslosen einen Abschied von Prozentfortderungen zugunsten von Festbeträgen. Das komme den unteren Lohngruppen zugute.

Ihre Forderungen wollen die Arbeitslosen auch am Donnerstag bei ihrem Aktionstag propagieren und erwarten dafür die Unterstützung der Betriebsräte. Unter dem Motto „Wir sind verfügbar, aber nicht fügsam“werden ab 8.30 Uhr im Arbeitsamt am Doventor massenhaft Bewerbungen geschrieben. Sie sollen an Arbeitgeberverbände und Bundesministerien geschickt werden. „Ich eigne mich besonders, ... weil ich billig bin ... und überaus willig bin.

In Bremen-Nord rufen Aktivisten zur Demonstration auf. Eine Arbeitslosenskulptur wird vom Bahnhof Vegesack (Treffpunkt: 9.30 Uhr) zum Arbeirtsamt in Aumund gerollt. jof