: Neue Zeugen für „Sieg Heil!“
Weitere Informanten bestätigen den Verdacht, daß an der Bundeswehr-Führungsakademie „Sieg Heil!“ gerufen wurde. Doch sie trauen sich nicht an die Öffentlichkeit ■ Aus Bonn Bettina Gaus
Ein Bericht der taz, dem zufolge sich Ende letzten Jahres erneut ein Vorfall mit rechtsextremistischem Hintergrund an der Führungsakademie der Bundeswehr ereignet haben soll, wird möglicherweise ein parlamentarisches Nachspiel haben. Die bündnisgrüne Abgeordnete Angelika Beer will die Angelegenheit zum Gegenstand des Bundeswehr-Untersuchungsausschusses machen, sobald ein Bericht des Verteidigungsministeriums dazu vorliegt.
Die taz hatte in der letzten Woche, gestützt auf mehrere anonyme Quellen, berichtet, daß am 18. Dezember letzten Jahres im Rahmen einer privaten Feier im Unteroffiziersheim der Baudissin-Kaserne an der Führungsakademie nationalsozialistische Parolen („Sieg Heil!“) gerufen worden sein sollen. „Mehrere Personen haben sich bei uns gemeldet und die Geschichte der taz bestätigt“, erklärt Angelika Beer. „Sie sind nicht bereit, öffentlich aufzutreten, weil sie berufliche Nachteile fürchten. Ich appelliere aber an alle Zeugen, sich von Rühes Einschüchterungen nicht beeindrucken zu lassen.“
Das Verteidigungsministerium und die Führungsakademie hatten eine Prüfung der Vorwürfe angekündigt. Das Ergebnis dieser Ermittlungen stand jedoch offenbar fest, bevor sie stattgefunden hatten. Verteidigungsminister Volker Rühe bezeichnete bereits nach wenigen Stunden die Meldung gegenüber dpa als Teil einer „Dreckschleuderkampagne“ der taz. Wörtlich sagte er: „Das ist eine üble Methode. Ich finde, unsere Soldaten haben Vertrauen verdient.“ Zum selben Zeitpunkt hatte die Führungsakademie laut dpa erklärt, es sei noch nicht möglich gewesen, Teilnehmer aller Veranstaltungen zu erreichen, die am fraglichen Tag stattgefunden hatten.
„Bei umfangreichen Ermittlungen haben wir keine Bestätigung für den Vorfall gefunden“, erklärte nun gestern ein Sprecher der Führungsakademie. „Um alle denkbaren Möglichkeiten auszuschließen, werden weitere Ermittlungen angestellt und weitere Zeugen vernommen. Somit sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen.“ Wer im einzelnen bisher befragt worden ist, konnte der Sprecher nicht sagen.
Nach Erkenntnissen der taz hat ein potentieller Informant den Kommandeur der Akademie, Rudolf Lange, bereits vor mehreren Tagen wissen lassen, er könne Näheres über die Angelegenheit berichten.
Lange wird heute als Zeuge in der ersten öffentlichen Sitzung des Bundeswehr-Untersuchungsausschusses aussagen. Er soll über das Klima und den Geist des Offizierskorps an der Hamburger Führungsakademie berichten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen