Das Portrait: Immer fröhlich und pomadisiert
■ Falco
Als sich Johannes Hölzel 1977 seinen Künstlernamen erwählte, konnte er nicht wissen, daß er mehr als 20 Jahre später pünktlich zum Beginn der Olympischen Winterspiele das Zeitliche segnen und damit noch einen Treppenwitz der Popgeschichte abliefern würde. Das Pseudonym Falco war inspiriert von Falko Weißpflog, Skispringer aus der DDR.
Anschließend verkörperte Falco wie niemand sonst die 80er Jahre als Dekade der Beliebigkeit. Ständig wechselte er die Welten, aber schien sich doch treu zu bleiben, solange nur die Haare sorgfältig pomadisiert blieben. Er begann als Bassist der für österreichische Verhältnisse fast anarchistischen Drahdiwaberl und zog in seinem ersten Solo-Erfolg „Der Kommissar“ die verschnupfte Schickeria seiner Heimatstadt Wien durch den Schnee. Mit „Emotional“ stilisierte er sich zum alpenländischen Smokey Robinson, der Stimmschmalz erfolgreich durch Wiener Schmäh ersetzt. So ging es fröhlich weiter, heilig blieb nichts. Ob er in „Rock Me Amadeus“ die nach dem Film von Milos Forman beliebte These von Mozart als zu früh gekommenem Popstar so erfolgreich recycelte, daß er als erster deutschsprachiger Musiker die Spitze der US-Charts erklomm und der Rolling Stone beleidigt empfahl, „die amerikanischen Einfuhrgesetze zu verschärfen“. Oder ob er in der Auswahl seiner Duett- partnerinnen (Desiree Nosbusch und Brigitte Nielsen) grandiose Geschmacklosigkeit bewies. Sogar den uralten Trick vom großen Rock- 'n'-Roll-Schwindel legte er noch einmal auf: „Jeanny“, die Moritat vom Triebtäter und seinem irgendwie dann doch recht willigen Opfer wuchs sich zum veritablen Skandal inklusive Sendeverboten aus und wurde 1985 zur meistverkauftesten Single in Europa. Anschließend erfand Falco das Pop-Sequel und schob „Coming Home (Jeanny, Part 2)“ nach.
Mit dem Ende der achtziger Jahre hatte auch Falcos sanfte Yuppie-Karikatur ausgedient, die Erfolge blieben aus. „Du kannst auf mich verzichten, nur auf Luxus nicht“, hatte er noch in „Vienna Calling“ die eigene Überflüssigkeit ganz souverän eingeschätzt. Seit mehr als einem Jahr lebte der inzwischen 40jährige in der Dominikanischen Republik, wo er am Freitag mit seinem Jeep einen Kleinbus rammte und tödlich verunglückte. Die Platte, an der er zuletzt arbeitete, soll nun postum erscheinen. Thomas Winkler
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