: Die neuen Tränen der Imelda Marcos
■ Philippinische Diktatorenwitwe kandidiert erneut um Präsidentschaft
Bangkok (taz) – Ihre Tränen sind legendär, ihre Chuzpe ist unvergleichlich: Imelda Marcos, Witwe des früheren philippinischen Diktators Ferdinand Marcos, will am 11. Mai Staatspräsidentin werden. Kaum hatte sie am Sonntag in Manila ihre Unterlagen für die Kandidatur eingereicht, eilte sie in die Kathedrale, fiel auf die Knie und rutschte – vor blitzenden Kameras – schluchzend zum Altar, um göttlichen Segen zu erflehen. Nonnen zogen hinter ihr her. Alte Mütterchen jubelten der 68jährigen Kandidatin zu, als sie die Perlen ihres rubinroten Rosenkranzes durch die beringten Finger gleiten ließ.
„Imelda Marcos, rette die Nation“, forderten ihre Anhänger auf Transparenten. Die Gattin des 1986 gestürzten und 1989 gestorbenen Marcos verkündete: „Die Präsidentschaft zieht mich an, weil kein Problem unlösbar ist, wenn man ehrlich mit den Armen fühlt.“ Sie werde dafür sorgen, das „Marcos-Vermögen durch die Marcos- Stiftung direkt dem Volk zukommen zu lassen“. Mit ihr werde „Würde, Anstand und Führung“ in das Amt zurückkehren.
Einen anderen guten Grund zur Kandidatur nannte sie nicht: Sie steht bereits mit einem Bein im Gefängnis, nachdem der Oberste Gerichtshof kürzlich ein Urteil von 1993 bestätigte, in dem sie wegen Korruption zu 9 bis 12 Jahren Haft verdonnert wurde. Sie durfte noch einmal Widerspruch einlegen und ist derzeit auf Kaution frei. Eine Präsidentschaftskandidatin, hofft sie, bringt man nicht hinter Gitter.
Fünf Milliarden US-Dollar soll Marcos in den 20 Jahren seiner Herrschaft an sich gerafft und auf geheime Konten im Ausland geschleust haben. Die Regierung hat nach eigenen Angaben bislang nur knapp 950 Millionen Dollar gefunden. Im Dezember hatte das Schweizer Bundesgericht entschieden, die 500 Millionen Dollar freizugeben, die Marcos in der Schweiz geparkt hatte. Sie sollen auf ein philippinisches Sperrkonto überwiesen werden. Noch ist unklar, wer das Geld bekommt. Ein US-Gericht auf Hawaii, wohin sich der Diktatorenclan 1986 geflüchtet hatte, sprach 10.000 Opfern des Marcos-Regimes eine Entschädigung von zwei Milliarden Dollar zu. Ihre Anwälte verlangen nun einen Teil der Schweizer Millionen.
Die ehemalige Schönheitskönigin Imelda beteuert immer wieder, sie sei bettelarm. Ihren aufwendigen Lebensstil erklärt sie mit der Großzügigkeit ihrer Freunde, die sie aus Mitleid unterstützten. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen 1992 hatte sie auch kandidiert, wurde aber nur sechste von sieben Bewerbern. Später schaffte sie es in den Kongreß. Jutta Lietsch
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