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Die traditionsbewußten Pantoffelhelden aus Mitte

■ Seit 90 Jahren fertigen die Jünemanns in Handarbeit Flauschiges für die Füße der Gemütlichen

Seit mehreren Generationen kultiviert und verfeinert die Firma Jünemann die Kunst des Pantoffelmachens. Im April feiert sie ihr 90jähriges Jubiläum. Gern erzählt der drahtige Seniorchef von „damals“, als seine Großeltern Anfang des Jahrhunderts Pantoffeln in einer Magdeburger Wohnung anfertigten, um sie an fremden Türen feilzubieten. „Heute freilich haben wir das nicht mehr nötig“, sagt Günter Jünemann stolz. Schon zu Ostzeiten rannten ihm die Kunden die Türen ein – bei einem Preis von 6,80 Mark pro Paar.

Seit 1927 sind die Jünemanns mit ihrem Betrieb in Mitte. 1968 übernahm Günter Jünemann als eines von zwölf Kindern Geschäft und Werkstatt des Vaters. 1981 wechselte er an die heutige Torstraße 37 in das Atelier eines Schuhfabrikanten. Mit seinem Sohn Reno (26) fertigt er dort von Hand bis zu 70 Paar Pantoffel am Tag. Zur Zeit teilen sich Vater und Sohn die Arbeit zwischen Nähtisch und Verkaufstresen.

Was dabei herauskommt, erfahren wir ein paar Schritte weiter: „Jünemann's Pantoffel-Eck“ , weist ein Schild über dem kleinen Eckladen den Eingang ins Puschenparadies. Dicht gestapelt im alten Holzregal warten dort Filzpantoffeln in allen Farben und Größen auf ihre zukünftigen Träger. Auf die Frage nach dem Durchschnittsalter seiner Kundschaft antwortet Jünemann lakonisch: „Alle Schuhgrößen zwischen 23 und 52.“

Bekanntlich macht winterliche Gemütlichkeit die meisten Pantoffelhelden. Doch das berühmte „Sommerloch“ hat Günter Jünemann bereits mit spitzbübischen Ideen gestopft: In der sommerlichen Hauptstadt soll z.B. der „Bundesregierungspantoffel“ als Souvenir vertrieben werden. Ebba Dangschat

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