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Atomstrom-Millionen

Hamburgische Electricitäts-Werke müssen zahlen: Brunsbüttel erwartet Steuer-Mehreinnahmen von 17,8 Millionen Mark  ■ Von Achim Fischer

Im Rätselraten um Steuernachzahlungen der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) wurden jetzt erstmals offizielle Zahlen benannt. Der Stromkonzern muß demnach für seine Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel mindestens 50 Millionen Mark an Gewerbesteuern nachzahlen. „Wir werden einen Betrag in Millionenhöhe an die Gemeinden Brunsbüttel und Geesthacht an Gewerbesteuern nachzahlen“, erklärte HEW-Sprecher Johannes Altmeppen vergangene Woche (siehe taz vom 5.2.1992). Eine genaue Summe wollten weder er, noch die Brunsbütteler Stadtverwaltung nennen. Man berief sich einhellig auf das Steuergeheimnis.

Nun legte Brunsbüttels Kämmerer, Lutz Necknig, dem Stadtrat den Nachtragshaushalt für das neue Jahr vor. Darin enthalten: Mehreinnahmen bei der „Gewerbesteuer“in Höhe von 17,8 Millionen Mark. „Dazu kommen Verzinsungen von Steuernachzahlungen in Höhe von 4,4 Millionen“, so Necknig. Macht 22,2 Millionen – „von mehreren Betrieben“, betont der Kämmerer. Da Brunsbüttel weder als Wirtschaftsmetropole gilt noch einen außerordentlichen Boom im vergangenen Jahr erlebt hat, ist davon auszugehen, daß – bis auf wenige Milliönchen – fast die gesamten Nachzahlungen vom finanzstarken Hamburger Stromkonzern kommen.

Die HEW müssen die Steuern für einen Teil ihrer Rückstellungen bezahlen, bestätigte ihr Sprecher Altmeppen. Der Konzern hat, wie alle bundesweiten AKW-Betreiber, milliardenschwere Finanzreserven gebildet. Sie sind in unterschiedliche Töpfe aufgeteilt. Welcher dieser Finanztöpfe nun zu welchem Teil besteuert wird – darüber schweigen sich die Beteiligten aus.

Für ihren Meiler in Krümmel (Gemeinde Geesthacht) müssen die HEW vermutlich einen noch etwas höheren Betrag als in Brunsbüttel nachzahlen. Darauf deuten Angaben des Kieler Energieminsteriums. Das Land erwarte Gewerbesteuernachzahlungen „in zweistelliger Millionenhöhe“, so Ministeriumssprecher Marco Carini. Denn die Gewerbesteuer wird unter Kommunen, Bund und Land aufgeteilt. 21 Prozent des Aufkommens bekommt das Land. Bei mindestens zehn Millionen für den Kieler Finanzminister betragen die gesamten Nachforderungen an die HEW also mindestens 47,62 Millionen Mark. Dazu kommen vermutlich Nachzahlungen in Millionenhöhe bei der Körperschaftssteuer – über die sich die Beteiligten jedoch weiter ausschweigen.

Die Stadtverwaltung Geesthacht mochte den anstehenden Geld-Segen nicht bestätigen. Dafür berichtete mittlerweile die Bergedorfer Zeitung über HEW-Nachzahlungen von „sicher über zehn Millionen Mark“. Die Verschuldung ihrer Gemeinde beträgt zur Zeit 14 Millionen Mark. Jetzt stehen die Geesthachter Kommunalpolitiker vor einem bislang unbekannten Problem: Sie müssen sich überlegen, ob sie sich aus langfristigen Kreditverträgen herauskaufen oder ob es lukrativer ist, für die Millionen kräftig Zinsen zu kassieren.

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