Die ARD bedarf jetzt der Fürsorge

■ Ein bißchen Katerstimmung nach dem großen Struve-Poker

Er hat sie alle hingehalten, und sie haben sich hinhalten lassen. „Ich wünschte mir, daß ich gestern die Weisheit von heute gehabt hätte“, sagte Struve am Dienstag nach seinem überraschenden Rückzug von der Kandidatur beim SFB, aber die ARD bedürfe seiner Fürsorge jetzt mehr als der SFB.

Struve hatte mit beiden Seiten gespielt, und beide Seiten waren darauf hereingefallen. Erst wollte er von den Intendanten, daß sie seine Versorgungslücke beim SFB aufbessern (acht taten's); dann, daß sie ihn förmlich nach Berlin bitten (elf rieben sich die Augen). Doch am Ende war es Struve, der gewonnen hat: Er bekam noch seine Vertragsverlängerung bis 2003.

In Berlin schlich sich derweil eine Ahnung ein, die ARD habe den SFB aufgegeben. Von der Seite, meinte CDU-Fraktionsboß und SFB-Rundfunkrat Klaus Landowsky, der Struves Kandidatur mit SPD-Rundfunkratschefin Marianne Brinckmeier betrieben hatte, „hat Berlin offensichtlich nicht viel zu erwarten“. Offensichtlich sei das Interesse an einem geschwächten SFB außerordentlich gut. Einiges spricht dafür, daß die Berliner Strippenzieher, während sie noch ihre Wunden lecken, diesem Interesse entgegenzukommen geneigt sind und den Gedanken an einen Neuanfang mit einem wirklich neuen SFB-Intendanten begraben. Gestern jedenfalls favorisierte Brinckmeier SFB-Fernsehchef Horst Schättle für die Intendantenwahl und sprach von einem „Kandidatenpaket“, das geschnürt worden sei. lm