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Es knallt bereits, aber zündet nicht richtig

■ Bei der Zahl der Erfindungen rangiert Berlin im Mittelfeld. Im Süden der Republik siebenmal mehr Erfindungen. Es mangelt nicht an Innovationsgeist, sondern an einem erfinderfreundlichen Klima

Wilhelm Staudacher, Staatssekretär im Bundespräsidialamt, ist ganz „his masters voice“: Ebenso wie Bundespräsident Roman Herzog, der im Herbst 1997 auf dem „Fest der Ideen“ der Stadt den großen Innovationsschub prognostizierte, glaubt Staudacher fest an den Erfindergeist an der Spree. Für Tüftler und Menschen mit Ideen existiere hier ein gutes Klima. Mit Engagement würden Unternehmen mittels Förderprogramme Patente und Vermarktungschancen der Forscher auf den Weg bringen. Berlin sei „Zukunftsstadt“ und treibe die Erneuerung der Bundesrepublik mit voran.

In der Wirklichkeit indessen sieht die Welt der Forscher und Erfinder nicht ganz so rosig aus. Zwar investiert das Land Berlin Millionen Mark in das Wissenschaftszentrum Adlershof oder für den Innovationspark Wuhlheide. In den Laboratorien der Firmen und den kleinen selbständigen Unternehmen experimentieren jedoch in der Mehrzahl „Eierköpfe“, deren Produkte marktfähig sind und die bereits gute Beziehungen zur Industrie haben. Für das große Heer der Erfinder ist die Stadt noch kein gutes Pflaster. Während in Potsdam jüngst das „Erfinder Zentrum Ost“ (EZO) mit einer Förderausstattung von 3,2 Millionen Mark jährlich eröffnet wurde, trifft man sich hier an „Erfinderstammtischen“ oder zu „Erfindertagen“.

Für Berlin gilt, was Erich Häußer, Präsident der Aktionsgemeinschaft Bildung-Erfindung-Innovation feststellt. Es mangle nicht an „Erfinderpotental, aber an einem innovationsfreundlichen Klima“. Die risikoscheuen Industrien setzten nicht auf Förderung der Ideen. Im Gegenteil. „Die Erfinder werden zunehmend von der Industrie abgeschreckt. Man nimmt sie nicht ernst.“ Außerdem fänden erfinderische Leistungen in der Gesellschaft zu wenig Anerkennung.

Im Vergleich mit anderen Bundesländern liegt die Stadt bei Patentanmeldungen zwar über dem Durchschnitt. Dennoch rangiert man damit auf dem Mittelfeldplatz Nummer sieben. Auf 100.000 Berliner kamen 1996 nach Auskunft des Deutschen Patentamtes 1.377 Patentanmeldungen. In Bayern meldeten dagegen von 100.000 Einwohnern 9.857, in Baden- Württemberg 9.711 ein Patent an.

Daß man in Berlin im High- Tech-Bereich wie in der Gen-, Computer- oder Lasertechnik hinter Japan hinterherhinkt ist eine Sache. Eine andere ist, daß einfache Erfindungen schlichtweg in den Hintergrund treten. „Die meisten Erfinder sind keine Entdecker, sondern die Erfinder des Unspektakulären“, sagt Werner Oertel, Mitbegründer der Erfindertage. Da komme aus dem Alltagsproblem die praktische Erfindung. Eine Ärztin habe etwa einen Tampon-Spender, ein Ingenieur die Wasserspartoilette erfunden. Und der Malermeister Richter entwickelte den Teleskoprahmen, mit dem bei Renovierungen feuchte Wände geschützt werden können.

Beim Berliner Patentamt gingen im vergangenen Jahr noch andere Kuriositäten ein: Kuscheltiere, die nicht aus dem Bett fallen, Knallgasmotoren, Hosentaschenmikroskope, Blutpumpen und ausklappbare Scheibenwischer. Und darin war die Stadt schon immer groß. Nicht nur Siemens Straßenbahn von 1879 oder Graf Arcos Antennenanlage aus dem Jahr 1897 machten das Land früher zum Synonym der Erfinderstadt, sondern ganz andere Dinge: etwa Bandwurmfallen, Mäuse-Guillotinen und den Mundabgasventilator. Rolf Lautenschläger

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