piwik no script img

■ Mit Arzneizuzahlungen auf du und duAnreiz zum Sparen

Hamburg (taz) – Seit Anfang vergangener Woche (gemeint ist Dienstag, der 10. 2. 98, rem) ist klar: Patienten müssen bei Arzneimitteln je nach Packungsgröße 9, 11 oder 13 Mark auf den Apothekentresen legen. Es bleibt bei diesen – bereits seit dem 1. Juli geltenden – Beträgen. Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) hatte im Dezember angekündigt, die Beiträge zu erhöhen. Das Bundeskabinett hat die Steigerung nun verschoben.

Das unflexible System der Zuzahlungen gerät dabei mehr und mehr in die Kritik. Denn es verteuert die Behandlung mit Medikamenten, ohne zugleich Anreize für sinnvolle Einsparungen zu schaffen. Ganz gleich nämlich, wie teuer ein Arzneimittel ist, die Zuzahlung bleibt immer dieselbe. Bei einem Generikum – einem Medikament mit gleichen Wirkstoffen, aber von einem billigeren Hersteller produziert – sind das aber prozentual viel höhere Belastungen. Der Anreiz, preisgünstige Präparate auf den Markt zu bringen, wird damit konterkariert.

Deshalb hat Ulrich Schwabe, Pharmakologieprofessor an der Universität Heidelberg, einen neuen Vorschlag gemacht: Die Zuzahlung soll künftig preisabhängig flexibel gestaltet werden. Dies könnte zum Beispiel durch die Einführung einer generellen Zuzahlung von 20 Prozent vom Preis des Arzneimittels geschehen. Hier müßte es dann Obergrenzen für besonders teure Medikamente geben. Für solche Arzneien sind oft keine Generika auf dem Markt. Durch eine prozentuale Staffelung würde die Eigenbeteiligung bei den preisgünstigen Varianten erheblich abgesenkt. Auf jeden Fall könnten die Patienten selbst entscheiden, wieviel Geld sie für ihre Arznei ausgeben wollen.

Das Gesamtvolumen der Eigenbeteiligung am Arzneimittelbudget würde dadurch allerdings nicht kleiner. Bereits im vergangenen Jahr wuchs dessen Anteil um satte 3 Milliarden Mark auf insgesamt 7,2 Milliarden Mark an, also um 20 Prozent. Die Eigenbeteiligung jedoch würde genutzt, um Einsparreserven bei den Pharmakosten zu mobilisieren. Außerdem würde eine soziale Komponente eingeführt. Die große Masse der teilweise recht günstigen Medikamente wäre erschwinglicher. Und warum soll eine Augensalbe für 8 Mark mit 9 Mark zugezahlt werden? Die Patienten könnten dann eigenverantwortlich entscheiden, ob sie auf unwirksame oder zweifelhafte Medikamente notfalls verzichten wollen. Bei der jetzigen starren Regelung ist dagegen zu befürchten, daß sozial schwache Patienten auf notwendige Arzneien ganz verzichten. Friedrich Hansen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen