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Fremdsprache vermiest PädagogInnen die Laune

■ Bei GEW-Diskussion heftige Kritik an Sprachunterricht ab dritter Klasse: Wegen überstürzter Einführung „mehr Schaden als Nutzen“. Stahmer fordert mehr positives Denken

Ingrid Stahmer weiß, was die LehrerInnen von ihr halten. „Es tut mir leid, daß ich wieder an allem schuld bin“, gesteht die Schulsenatorin. Zuvor hatte der GEW- Landesvorsitzende Erhard Laube das Publikum um kurze Redebeiträge gebeten, „damit die Senatorin auch noch zu Wort kommt“.

Doch nicht das Ende der Redeliste brachte die PädagogInnen gegen Stahmer auf, sondern das Konzept der Senatorin zum Sprachunterricht ab der dritten Grundschulklasse. Zu der Diskussion „Fremdsprachenfrühbeginn – mehr Schaden als Nutzen?“ hatte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am Montag abend in die Kongreßhalle am Alexanderplatz geladen. Die Stimmung war aufgeheizt, die Senatorin und ihr Oberschulrat Dieter Sommerlatte mußten gegen laute Mißfallensbekundungen ankämpfen.

Bis zum 6. März müssen sich die Schulen entscheiden, ob sie schon nach den Sommerferien mit dem frühen Sprachunterricht beginnen. Das erste Konzept des Berliner Instituts für Lehrerfort- und weiterbildung (BIL) soll aber erst nach Ostern vorliegen. Wenn die Schulen ihr Votum abgeben, so der Vorwurf vieler LehrerInnen, wüßten sie also noch gar nicht wofür.

Ein solch überstürztes Vorgehen könnte womöglich „mehr Schaden als Nutzen“ bewirken, fürchten die PädagogInnen. Schon jetzt gebe es nicht genügend Lehrkräfte für die Klassen fünf und sechs, warnte der Englisch-Didaktiker Jürgen Heidrich von der Freien Universität (FU). Ohne „massive Fortbildung in der Vorlaufphase“ stehe zu befürchten, daß den SchülerInnen eine falsche, später nicht mehr zu korrigierende Aussprache vermittelt werde.

Doch nicht nur der Zeitdruck fand das Mißfallen der LehrerInnen. Ebensowenig behagte es ihnen, daß sie für den zusätzlichen Sprachunterricht keine zusätzliche Ausstattung bekommen. Eine Grundschullehrerin meinte, in ihrer Klasse mit 28 Schülern brauche sie „eine Fremdsprache gar nicht erst zu unterrichten. Wenn jeder einmal was gesagt hat, ist die Stunde zu Ende.“

Grundsätzlichere Kritik meldete eine Lehrerin aus Wedding an, die ErstkläßlerInnen Intensivunterricht in Deutsch erteilt. Nicht allein MigrantInnen, sondern auch „deutsche Schüler aus benachteiligten Familien“ seien des Deutschen nicht mehr mächtig. In diesen Fällen drohe die Fremdsprache „den Erwerb der deutschen Muttersprache zu stören“.

„Unfair behandelt“ fühlte sich die Lehrerin einer Schöneberger Grundschule, die schon vor fünf Jahren einen Antrag auf Englischunterricht ab der dritten Klasse gestellt hatte. Damals habe die Schulverwaltung abgelehnt: Mangels zusätzlicher Stunden, entsprechender Ausbildung und Unterrichtsmaterialien sei ein solcher Schritt „nicht zu verantworten“. An der Ausstattung habe sich nichts geändert, trotzdem verlange die Behörde nun das Gegenteil.

„Auch die Verwaltung ist eine lernende Organisation“, entgegnete Stahmer, „es ist halt einfach jetzt anders als beim Kollegen Klemann“. Das Verlangen nach klaren Weisungen widerspreche dem „Wunsch nach eigenen Entscheidungen“. Sie riet den PädagogInnen, nicht nach „Sicherheit und Vorgaben“ zu rufen, sondern auch die „Schangsen“ des Neuen zu sehen: „Verbreiten Sie nicht diese Stimmung hier!“ Ralph Bollmann

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