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Held der Oder als Held von Potsdam?

■ Umweltminister Matthias Platzeck will Oberbürgermeister werden

Berlin (taz) – Die Brandenburger SPD muß ihren einzigen Helden aufbieten, um das Oberbürgermeisteramt von Potsdam zu retten. Matthias Platzeck, Brandenburger Umweltminister und seit der Hochwasserkatastrophe 1997 als „Held der Oder“ gefeiert, steht im Falle einer Abwahl oder eines Rücktritts von Potsdams Oberbürgermeister Horst Gramlich (SPD) für das Amt zur Verfügung. „Wir wollen personell handlungsfähig sein für alle möglichen Varianten“, sagte Platzeck gestern in Potsdam.

Hinter dieser verquasten Umschreibung steckt nichts anderes als eine freundliche Aufforderung an die Bürger der Stadt: Liebe Potsdamer, wählt euren Oberbürgermeister doch einfach ab, wir haben einen besseren. Die Möglichkeit dazu haben die Potsdamer gerade. Gramlich gilt als mürrischer, kontaktgestörter Aktenmuffel, als absolute Fehlbesetzung. Und jetzt wird ihm auch noch die Unterstützung des wegen Korruption abgewählten Baustadtrats Kaminski (SPD) vorgeworfen. Deswegen läuft seit einer Woche ein von verschiedenen Oppositionsparteien betriebenes Abwahlbegehren. Bis Dienstag waren bereits 7.500 der erforderlichen 10.500 Unterschriften gesammelt. Sollte das Begehren Erfolg haben, folgt binnen zwei Monaten ein Bürgerentscheid.

Die SPD dementiert natürlich, daß der Platzeck-Vorstoß gegen ihren eigenen Mann gerichtet ist. „Die Partei steht weiter hinter Gramlich“, betont der SPD-Unterbezirksvorsitzende Rainer Speer. Die PDS, ohne die in Potsdam nichts läuft und die in der Stadtverordnetenversammlung die stärkste Fraktion stellt, glaubt davon kein Wort. „Gramlich ist von seiner eigenen Partei zum Abschuß freigegegen“, sagt Hans- Jürgen Scharffenberg, PDS-Fraktionschef, zur taz.

Eigentlich hatte die PDS der SPD ja einen Deal vorgeschlagen: Gebt uns den vakanten Posten des Baustadtrats, dann beschützen wir euren Bürgermeister. Der Potsdamer SPD hätte das vielleicht noch in den Kram gepaßt, nicht aber der in Bonn. Kungeln mit der PDS – vor der Bundestagswahl? Ausgeschlossen! Der Besuch von Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering am Wochenende in Potsdam dürfte nicht zufällig gewesen sein.

Die SPD setzt jetzt wohl darauf, daß Gramlich mit dem Bürgerentscheid abgewählt wird (das sichert ihm ganz nebenbei die Pensionsansprüche). Eine Neuwahl des Bürgermeisters wäre dann parallel zu den Kommunalwahlen am 27. September möglich – am Tag der Bundestagswahl. Die Bonner SPD wäre ihr Problem los. Und Potsdam hätte vielleicht mit Platzeck eine Wunderwaffe zum Oberbürgermeister. Jens König

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