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Karneval der Kreditkarten

■ Unbarmherzige Kalauer und schlüpfrige Einlagen: Henning Venskes „Die Schein-Familie“in Alma Hoppes Lustspielhaus

Das Lied „Plitsch, platsch, plumm, wer platscht da herum?“scheint auf den ersten Blick ein klein wenig banal. Aber das täuscht, beziehungsweise muß täuschen. Die Premiere des Stückes Die Schein-Familie von Alma Hoppe am Mittwochabend im Lustspielhaus war nämlich als „satirisch“angekündigt. Und ist es bei genauerer Betrachtung und intensiven Nachdenken nicht auch wirklich wahnsinnig ironisch, daß drei als Geldscheine verkleidete Herren – Jan-Peter Petersen, Nils Loenicker und Helmut Ruge – sich auf der Bühne die Füße waschen, um das Wesen der Geldwäsche mit kabarettistischen Mitteln zu erfassen?

Die „monetäre Familiensaga“spielt im Inneren einer Geldbörse. Als Figuren werden die berühmten Köpfe der D-Mark-Scheine auf die Bühne gebracht, mit der Angst vor dem Euro und anderen Bedrohungen gehadert. Doch, doch, es geht schon sehr politisch zu. Mit bissiger Wortgewalt, zum Beispiel „Dieser Papst geht mir auf die Nerven“oder „Alles, was Kohl halbieren wollte, ist heute verdoppelt“hat das Kabarettisten-Team ganz neue Formen gefunden, den Ernst der Lage ironisch auf den Punkt zu bringen. Auch über die Wortspiele wie „Ich glaub, mein Sparschein pfeift“, möchte man sich geradezu ausschütten vor Lachen.

Der Familienzank zwischen Dax und Notenbank, Spendendosen und Wechselkursen könnte dennoch etwas kurzweiliger sein. Gelungene Szenen, wie der Auftritt der Kreditkarte, bleiben die Ausnahme. Dabei war Henning Venske, der die Regie führte, früher einmal richtig gut. Auch an dem Talent der Lustspielhausherren Petersen und Loenicker kann es nicht liegen. Nur ist ein Maximum an Klamauk noch kein Kabarett, sondern erinnert mit den schlüpfrigen Einlagen und unbarmherzigen Kalauern an eine Karnevalsveranstaltung.

Die letzte Produktion von Alma Hoppe, Mega Pearls, war zwar auch schon keine Glanzleistung, aber besser als dieses Stück. Wer Bemerkungen wie „Lieber ein falscher Fuffziger als ein echter Zehner“witzig findet, mag sich in der „Schein-Familie“dennoch amüsieren. Das Premierenpublikum hat jedenfalls lachen können.

Silke Mertins

bis Sa, 21.Februar, dann wieder vom 24.-28. Februar und 3.-7.März, jeweils 20 Uhr, Alma Hoppes Lustspielhaus, Ludolfstr. 53

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