■ Irak: USA planen den Einsatz völkerrechtswidriger Waffen
: Ängstliches Schweigen

Die Haager Landkriegsordnung beschloß 1899 ein Einsatzverbot für Gift-und Erstickungsgase, für Dumdumgeschosse und andere Bestimmungen zur „Humanisierung“ des Krieges. Bis heute gilt das Haager Abkommmen als Fundament des im 20. Jahrhundert entwickelten humanitären Völkerrechts.

Vor dem Hintergrund der Schrecken des Zweiten Weltkrieges – unter anderem des Einsatzes von Streu- und Splitterbomben – vereinbarte die Staatengemeinschaft 1949 die vier Genfer Konventionen, die 1977 durch Zusatzprotokolle ergänzt und aktualisiert wurden. In einer UNO-Konvention wurde 1980 schließlich der Einsatz besonders „inhumaner Waffen“ verboten.

Doch während man bereits eifrig pompöse Feiern zum hundertjährigen Jubiläum der Haager Landkriegsordnung vorbereitet, wird das humanitäre Völkerrecht gleichzeitig zunehmend ausgehöhlt. Der Einsatz von Streubomben wurde in der Vergangenheit – zum Beispiel in den 80er Jahren durch die sowjetischen Besatzungstruppen in Afghanistan – noch völlig zu Recht als völkerrechtswidrig kritisiert. Heute herrscht angesichts vergleichbarer Praktiken der USA im letzten und im möglicherweise nächsten Golfkrieg ängstliches Schweigen.

So rechtfertigt auch die UNO den Völkerrechtsverstoß ihres einflußreichsten Mitgliedes mit formalen Ausflüchten. Selbst der von seinem Auftrag ausdrücklich dazu berufene Verteidiger des humanitären Völkerrechts, das IKRK, übt lediglich auf Anfrage vorsichtige Kritik am geplanten Streubombeneinsatz am Golf. Von Napalmgeschossen, FAE-Druckbomben und anderen Waffen mit verheerenden Auswirkungen für die Zivilbevölkerung ist in der öffentlichen Debatte überhaupt keine Rede.

Daß das Pentagon diese Debatte tunlichst vermeiden will, liegt auf der Hand. Aber auch viele Pazifisten sind desinteressiert. Ihre Begründung: Sie seien nicht an der Humanisierung des Krieges interessiert, sondern an dessen Abschaffung. Diese Haltung ist verständlich, geht aber an der Realität vorbei und nützt der Zivilbevölkerung in aktuellen Kriegsgebieten nichts.

Wer die Errungenschaften des humanitären Völkerrechts mit Blick auf konventionelle Waffen preisgibt, wird auch nicht mehr begründen können, warum die Drohung mit und damit der mögliche Einsatz von taktischen Atomwaffen – seit Ende 1997 offizielle Nukleardoktrin der USA – abzulehnen sei. Andreas Zumach