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UN-Beobachter entführt

■ Geiselnehmer in Georgien wollen Schewardnadse-Attentäter freipressen

Moskau (taz) – Eine Gruppe von etwa zwanzig bewaffneten Kidnappern hat gestern vier Militärbeobachter der UNO in Georgien in ihre Gewalt gebracht. Vor der Entführung hatten die Terroristen das UN-Quartier in der westgeorgischen Stadt Zugdidi unter Beschuß genommen. Zur Zeit befinden sie sich in der Ortschaft Dichaskari, zwanzig Kilometer nördlich von Zugdidi. Polizei und Militär haben nach Angaben des georgischen Innenministeriums die Geiselnehmer umzingelt und Verhandlungen aufgenommen.

Mitarbeiter der UN-Mission und das georgische Ministerum für Staatssicherheit bringen die Entführung in Zusammenhang mit dem vor zehn Tagen fehlgeschlagenen Attentat auf Präsident Eduard Schewardnadse. Die Ermittlungen wurden nicht nur sofort mit Unterstützung amerikanischer Fachleute aufgenommen, sie führten binnen weniger Tage bereits zur Festnahme von einigen verdächtigen Personen. Vorgestern gelang es der Polizei auch, den Kopf der Bande, Gennadi Kobalia, festzusetzen. Er soll maßgeblich für den Anschlag verantwortlich sein. Hinweise kamen aus der Bevölkerung.

Die Entführer fordern die Freilassung der Inhaftierten und bestätigen damit indirekt, daß die polizeilichen Ermittlungen erfolgreich waren. Wenn man ihre Forderungen nicht erfülle, würden die Geiseln erschossen. Angeblich gehören die Terroristen zu einer Gruppe von Anhängern des ehemaligen Präsidenten Swiad Gamsachurdia, der im Dezember 1993 im tschetschenischen Exil auf ungeklärte Weise ums Leben kam. Gamsachurdia war ein bekannter Sowjetdissident und Georgiens erster Präsident nach dem Zusammenbruch der UdSSR. Ende 1992, nach einem Bürgerkrieg, floh Gamsachurdia nach Tschetschenien. Die Stadt Zugdidi im Gebiet Mingrelien zählte damals zu den Hochburgen des gestürzten Präsidenten. Klaus-Helge Donath

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