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Albright blamiert sich via CNN

An der Uni von Ohio wollte die US-Außenministerin die Bürger für einen Angriff gegen Irak gewinnen. Doch der weltweit ausgestrahlte Auftritt endete als Debakel  ■ Aus Washington Peter Tautfest

Es sollte ein Heimspiel werden, doch heraus kam ein Public-Relations-Desaster. Die von dem Nachrichtensender CNN weltweit übertragene Veranstaltung in der Sportarena der Universität von Ohio in Columbus sollte der Welt und Saddam Hussein die Geschlossenheit vorführen, mit der die US-Bevölkerung hinter den Kriegsplänen ihrer Regierung steht. Aber sie wurde eine Demonstration der Sprachlosigkeit, mit der Amerikas Politiker auf Fragen, Zweifel und Anwürfe aus der Bevölkerung reagieren. Eine Debatte, die bis dato nur in den sogenannten Think Tanks geführt wurde, entfaltete unversehens eine Heftigkeit und Leidenschaft, wie seit dem Vietnamkrieg nicht mehr erlebt.

Außenministerin Madeleine Albright, Verteidigungsminister William Cohen und der Nationale Sicherheitsberater Sandy Berger begaben sich Mittwoch ins „Heart Land“, wo Amerika das Herz auf dem rechten Fleck trägt, um ein Plädoyer für den Kurs der Regierung in der Konfrontation mit dem Irak zu halten. Die Außenministerin wurde als erste von einem Sprechchor unterbrochen: „1, 2, 3, 4, wo don't want your racist war“ (wir wollen euren rassistischen Krieg nicht), schallte ihr entgegen. Die Erfahrenen Talkshow- und Nachrichtenmoderatoren verloren die Kontrolle über die als Town Meeting (Stadtversammlung) angekündigte Veranstaltung.

Gut 200 Demonstranten setzten den Politikern zu. „Wir haben die militärischen Mittel, den irakischen Staat anzugreifen, aber haben wir auch das moralische Recht, die irakische Nation anzugreifen?“ wollte der erste Frager unter donnerndem Applaus wissen. „Werden wir wieder halbe Sachen machen und werden meine Enkel diesen Krieg noch mal ausfechten müssen, oder werden wir diesmal reingehen und die Sache richtig zu Ende führen?“ wollte ein Veteran wissen, der unter Tränen seines in Vietnam gefallenen Sohnes gedachte. „Frau Ministerin, Sie haben meine Frage nicht beantwortet!“ wurde Albright, die es bei ihren Washingtoner Pressekonferenzen nicht gewohnt ist, unterbrochen zu werden, aus dem Publikum zurechtgewiesen.

Town Meeting ist das bevorzugte Format, in dem Clinton sich an die Öffentlichkeit wendet, und ein Instrument, das er souverän zu beherrschen im Ruf steht. Begriff und die Tradition stammen aus Neuengland, wo noch heute die Bürger einmal im Jahr zusammenkommen, um ihre Angelegenheiten in direkter Demokratie zu regeln. Im Medienzeitalter versuchen Politiker, diese urdemokratische Institution auf höherer Ebene neu zu beleben und für sich zu nutzen. Meist sind solche Veranstaltungen choreographiert und die Teilnehmer sorgfältig ausgesucht. Am Mittwoch aber strömten 6.000 Leute aus allen Kreisen der Bevölkerung in die Basketballhalle und hielten sich an keine Vorgaben – ein Town Meeting, echter, als es den Politikern lieb war. Sie und ihre Sprecher machten gute Miene zum bösen Spiel: „This is America. Hier geht es eben laut und ungeordnet und demokratisch zu“, versuchten einige das Desaster schönzureden. Doch insgeheim sorgen sie sich seit Mittwoch darüber, welchen Eindruck die Veranstaltung auf einen Tausende Kilometer entfernt sitzenden Zuschauer gemacht haben mag – Iraks Staatschef Saddam Hussein ist leidenschaftlicher Zuschauer von CNN.

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