: Datenschutz-Verstoß im Sozialressort? gegen Datenschutz?
■ Kita-Computer können gekauft werden, aber gibt es ein „Datensicherungs-Konzept“? Datenschutzbeauftragter Walz droht der Senatorin
Die Senatorin für Soziales hat zum Wochenende unangenehme Post aus Bremerhaven vom Landesbeauftragten für den Datenschutz Stefan Walz bekommen. Wenn nicht binnen drei Wochen das gesetzlich vorgeschriebene Datensicherungskonzept für das „Kindergarteninformationssys-tem“, das Computerprogramm mit dem Kürzel „KIS“, vorgelegt werde, verlange der Datenschutzbeauftragte, daß die Arbeit mit KIS sofort eingestellt wird. Der Brief sollte die politisch verantwortliche Behördenspitze darauf aufmerksam machen, daß die zuständige EDV-Abteilung im Sozialressort seit Monaten die verlangten Auskünfte nicht geben kann.
Eigentlich hätten die Spezialisten der Sozialbehörde, die KIS entwickelt haben, vor dem ersten Einsatz klären müssen, ob das Programm nach den Bestimmungen des bremischen Datenschutzgesetzes zulässig ist. Danach muß nämlich für jedes Programm, das Sozialdaten speichert, sichergestellt werden, daß nicht unnötig viele persönliche Daten gespeichert werden, daß nicht Unbefugte Zugang haben können und daß die Daten gelöscht werden, sobald sie nicht mehr benötigt werden. Alle diese schlichten Fragen will der Datenschutzbeauftragte seit Monaten klären, doch die EDV-Abteilung der Behörde verweigert die Auskunft.
Inzwischen arbeiten nicht nur private Kita-Träger mit dem Programm, sondern auch die ersten staatlichen Kitas. Nach langen Verhandlungen mit der Finanzdeputation, bei der die Sozialbehörde ca. 10.000 Mark pro PC-Arbeitsplatz lockermachen wollte, hat die Finanzdeputation kurz vor Weihnachten beschlossen, die PC's zu bestellen. In den evangelischen Kitas stehen die PC's inzwischen auch. Mehr als Einladungen für Elternabende werden darauf allerdings nicht geschrieben – die evangelische Kirche wartet auf die Klarstellung, daß das KIS-Programm die Erfordernisse des Datenschutzgesetzes erfüllt. Nur die staatlichen Kitas haben einfach ohne diese Klarstellung angefangen. Dafür hat die Behörde sich nun die Rüge eingefangen.
Brisant ist der Vorgang vor allem auch, weil ab Sommer in den Kitas die Beitragsberechnung für die Eltern über dieses Programm laufen soll. Die Einkünfte von 10.000 Bremer Haushalten werden da also gespeichert. Schon im Jahresbericht 1996 hatte der Datenschutzbeauftragte der Sozialbehörde vorgeworfen, allzu unbefangen die Kopien der Lohnsteuerbescheide in den Kita-Akten aufzubewahren. Vorübergehende Lösung des Problems: Die Eltern sollten alle nicht benötigten Daten in den Kopiele selbst schwärzen. Im vergangenen Sommer hat nun das Oberverwaltungsgericht der Sozialbehörde bescheinigt, das gesamte Kita-Beitragsberechnungs-Konzept erhebe weit mehr persönliche Daten als erforderlich und sei damit rechtswidrig. Das KIS-Programm ist aber entwickelt worden, bevor dieses Urteil vorlag.
Falls die Antworten zum Datensicherungskonzept nicht gegeben worden sein sollten, weil das Programm gegen geltendes Datenschutzrecht verstößt, dann droht ein politischer Konflikt. Denn „verbieten können wir nichts“, räumt der Datenschutzbeauftragte Stefan Walz ein. Wenn eine auf die Verfassung vereidigte Senatorin gegen geltendes Datenschutzrecht vestößt, bleibt ihm nur der politische Appell an die Legislative, ihre eigenen Gesetze ernst zu nehmen.
Klaus Wolschner
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