Clinton fordert Taten statt Worte

Der US-Präsident verkauft das Bagdader Abkommen als Erfolg seiner Politik. Die Truppen bleiben aber als Drohung gegen Saddam Hussein am Golf  ■ Aus Washington Peter Tautfest

US-Präsident Bill Clinton hat den Krieg am Golf vorerst abgesagt. Auf einer Pressekonferenz am Montag abend begrüßte er das Abkommen zwischen der UNO und dem Irak, fügte aber hinzu, die US-Streitkräfte würden in der Region bleiben, bis Saddam Hussein seine Vertragstreue unter Beweis gestellt habe.

Zunächst hatte es geheißen, man müsse den Text der Vereinbarung erst genau studieren, ehe Stellungnahmen abgegeben werden können. Doch dann wollte Clinton die Gunst der Stunde nutzen und den Erfolg für die Mission von UN-Generalsekretär Kofi Annan für sich und seine Politik reklamieren. Dies sei das erste Mal seit 1991, daß Saddam ausdrücklich die durch die Waffenstillstandsvereinbarungen angenommenen Verpflichtungen anerkannt habe, sagte Clinton.

Im Gegensatz dazu, was der stellvertretende irakische Ministerpräsident Tarik Aziz am Morgen in Bagdad gesagt hatte — daß Diplomatie und nicht Säbelrasseln den Durchbruch erzielt habe —, betonte Clinton die Bedeutung des militärischen Aufmarschs beim Zustandekommen der Vereinbarung. Für den Tenor seiner Ausführungen lieh er sich ein Wort Ronald Reagans aus: „Prüfen und Überprüfen“, das werde der Schlüssel für die Umsetzung der Abmachung sein, denn das sei es, worauf es wirklich ankomme: Taten, nicht Worte. Zu diesem Zweck sollten auch die amerikanischen und britischen Truppen in der Region bleiben. Und auf die Frage eines Journalisten antwortete Clinton, daß es bei Nichteinhaltung der Abmachungen durch Saddam Hussein nicht wieder zu einem langen Gerangel kommen werde. „Das würde eine sehr, sehr ernste Sache sein, die sehr ernste Konsequenzen haben würde.“

Nicht ganz so positiv nahmen erste Stellungnahmen aus dem Senat den Ausgang des Showdowns auf. Wenn Annan jetzt für die USA die Außenpolitik mache, solle er vor den Senat kommen und sich als Außenminister bestätigen lassen, sagte Senator McCain. Das Abtreten amerikanischer Initiative und Entscheidung an die UNO ist noch immer ein rotes Tuch, mit dem man auf republikanischer Seite glaubt, einen latenten Unwillen der Amerikaner gegen internationales Engagement mobilisieren zu können.

In ihrer Annahme aber, wie die Mehrheit der Amerikaner denkt, irren sie sich gründlich. Just heute veröffentlichte das „Program on International Policy Attitudes“ die Ergebnisse seiner Forschungen über die Einstellungen der Amerikaner zur Krise um den Irak. Das an der Universität von Maryland beheimatete Meinungsforschungsinstitut, dessen Untersuchungen präziser als die von den Medien durchgeführten Meinungsumfragen sind, fand heraus, daß 72 Prozent der Amerikaner größten Wert auf ein gemeinsames Vorgehen der USA mit ihren Verbündeten legen. 69 Prozent der Amerikaner zogen die diplomatische Lösung einer militärischen vor, und wären auch bereit gewesen, einer diplomatischen Lösung mehr Zeit zu geben. Gleichwohl hätten 79 Prozent im Endeffekt ein militärisches Vorgehen unterstützt. Clinton lag mit seiner Politik also voll im Trend. „Es kann gar kein Zweifel daran bestehen, daß Clinton mit seiner Politik Erfolg gehabt hat, und daß das von der Mehrheit der Amerikaner auch so gesehen wird“, erklärt der Autor der Studie Steven Kull der taz.

Zufrieden dürften auch die amerikanischen Ölfirmen sein. Eine diplomatische Lösung, die irgendwann zur Aufhebung der Sanktionen führt, würde ihnen den Weg zurück ins lukrative irakische Ölgeschäft öffnen, wo französische und russische Firmen in den Startlöchern stehen. Dies sind die „nationalen Interessen“ der USA, deren Bedeutung für die Bewertung des Abkommens US-Außenministerin Madeleine Albright mehrfach betont hat.