piwik no script img

Neuer Lustgarten entsteht über Müllgrube

■ Strieder stellt "endgültige" Entscheidung zur Gestaltung des Lustgartens vor. Nach mehreren gekippten Vorschlägen kopiert man nun Schinkel. Kosten: 7 Millionen Mark. Kein Konzept für die Entwicklun

Peter Strieder (SPD), Senator für Stadtentwicklung, hat die unendliche Geschichte der Neugestaltung des Lustgartens beendet. Gestern wurde die „endgültige“ Fassung für das Gelände vorgestellt. Mit der Realisierung des Projektes wird der Wiener Landschaftsarchitekt Hans Loidl beauftragt, die Gesamtleitung übernimmt die Grün Berlin GmbH. Loidls Entwurf ist der vierte Vorschlag für den steinernen Platz zwischen Altem Museum und Palast der Republik.

Der Entwurf Loidls orientiert sich dabei an den Plänen von Karl Friedrich Schinkel. Strieder stolz: „Die vorgesehenen Rasenflächen dürfen benutzt werden.“ Ein Wegesystem zwischen den symmetrischen Grasflächen sowie eine Fontäne bildeten zusätzliche Elemente des neuen Lustgartens.

Über die „Gartenmöblierung“ und das Material für den Brunnen sei noch nicht entschieden – von billigen Gipsbänken bis zum teuren Kalksteinmöbel gebe es zahlreiche Möglichkeiten, erläuterte Strieder. Im Zuge der Baumfällungen müßten auch zahlreiche Linden gefällt werden. Strieder: „Leider war dies notwendig. Der Boden hat die Qualität einer Müllgrube, da kann kein Baum wachsen.“ In der Versetzung der gesunden Bäume und in Neuanpflanzungen sehen die Gestalter des Lustgartens eine Aufwertung des Grünteils des Areals.

Die ersten Bauarbeiten starten heute. Mit der Fertigstellung wird im Dezember 1999 gerechnet. Die Gesamtkosten zum Umbau des Areals werden mit 7 Millionen Mark veranschlagt; jeweils zur Hälfte aufgeteilt zwischen der Allianz-Stiftung und dem Land. Wer die 200.000 Mark pro Jahr für die Erhaltung des Geländes ausgeben muß, wird noch entschieden: Entweder soll der Bezirk Mitte oder die Grün Berlin GmbH zahlen.

Um die früheren Lustgarten- Entwürfe hatte ein vierjähriger Kampf getobt. Beim ersten Vorschlag des Künstlers Gerhard Merz sollte ein Glaspavillon den Lustgarten vom Schloßplatz abriegeln. Die „Bushaltestelle“ entfachte in dem 1993 vorgestellten Entwurf in der Öffentlichkeit heftige Kontroversen. „Der Entwurf hat insbesondere mit dem vorgeschlagenen Bauwerk schließlich nicht die erforderliche Akzeptanz in der Öffentlichkeit gefunden“, liest man in den „Empfehlungen zum Lustgarten“. Der zweite Entwurf des Hamburger Garten- und Landschaftsarchitekten Gustav Lange sah Hecken in riesigen Containern und Blühendes in Terrakotta-Töpfen auf dem historischen Pflaster vor. Dieser Vorschlag wurde als unökologisch und technisch nicht realisierbar abgelehnt.

Das Gelände wurde im Laufe seiner Geschichte mehrmals umgestaltet: als Garten im holländischen Stil unter dem Großen Kurfürsten, dann zum Aufmarschplatz der Nazis, später zum Ort von DDR-Massendemonstrationen. Nun kehrt der Platz wieder zu seiner ursprünglichen Bedeutung zurück: „Ein Ort der Kontemplation und des Lustwandelns“, schildert Strieder seine Vision. Markus Viehauser

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen