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Häfensenator steckt im Dreck

■ Verseuchter Hafenschlamm könnte für 20 Millionen Mark entsorgt werden / Häfensenator blockiert politische Entscheidung

„Ich kann dazu nichts sagen“, sagt der Sprecher des Häfensenators, Rüdiger Staats. Das klingt lapidar, doch das Proble m ist gravierend. Es geht um über 100.000 Tonnen mit Tributylzinn (TBT) verseuchten Hafenschlamm aus Bremerhaven. Gestern sollte den Umweltverbänden, der Bezirksregierung Lüneburg und dem niedersächsischen Umweltministerium ein fertiges Entsorgungskonzept vorgestellt werden. Doch Häfensenator Uwe Beckmeyer (SPD) hat das Papier einkassiert, das Treffen wurde abgesagt.

Seit einem halben Jahr arbeitet eine Arbeitsgruppe der Umwelt– und Hafenbehörde an einem Konzept, um den giftigen Schlick zu entsorgen. Jetzt sagt ein Mitglied der Arbeitsgruppe: „Es gibt nichts zu bereden“, so Hans Peter Waigel vom Wasserwirtschaftsamt. „Unser Konzept ist zwar so gut wie fertig, aber es wurde den politischen Gremien nicht zur Entscheidung vorgelegt. Dafür trägt Senator Beckmeyer die politische Verantwortung.“

Der Häfensenator steckt offenbar in der Klemme: Vor einem Jahr hatte Beckmeyer noch abgestritten, daß der Hafenschlamm verseucht ist. Als das Ausmaß der Vergiftung bekannt wurde, verhängte die Bezirksregierung Lüneburg ein Verklappungsverbot. Der Hafenschlamm war davor einfach so ins Wattenmeer gekippt worden. Jetzt sieht das frisch erarbeitete Konzept vor, den Schlamm zunächst an Land zwischenzulagern – aber das kostet laut Bremerhavener Hafenamt kurzfristig bis zu 20 Millionen Mark. Entweder Beckmeyer investiert das Geld oder ab Sommer laufen Schiffe im Bremerhavener Hafen auf Grund – weil nicht ausgebaggert werden kann. Außerdem weiß zur Zeit noch niemand, wo der Schlamm in Zukunft deponiert werden könnte.

„Die Hinhaltetaktik des Senators torpediert gute Ansätze, das Problem TBT in den Griff zu bekommen“, meint Jürgen Ritterhof von der Aktionskonferenz Nordsee (AKN). Zusammen mit dem WWF protestieren die Umweltverbände dagegen, die Entsorgung zu verschleppen. „Das ist das völlig falsche Signal“, meint auch Ulf Jacob vom WWF. Weil Niedersachsen zur Zeit selbst verseuchtes Baggergut in der Nordsee verklappt, fürchten die Umweltverbände: Auch Bremen könnte mit so einer Verklappungsgenehmigung spekulieren.

„Ärgerlich und enttäuschend“, kommentiert Hans Peter Waigel die Aktion des Häfensenators. „Wir hatten sogar die Werften in unser Entsorgungsprogramm eingebunden.“Werften gelten als ein Haupteinträger von TBT. TBT ist in Schiffsfarben enthalten, die den Bewuchs der Schiffsrümpfe mit Algen und Muscheln verhindern sollen. Schon kleinste Mengen des Giftes führen zur Schädigung der Meeresfauna.

Thomas Schumacher

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