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DJ-Kuratoren im Dance-Mix

■ Joachim Poetter vom Museum Ludwig Köln darf mit Geldern von Philip Morris eine Ausstellung zu Pop-Kultur und Clubkunst realisieren

Bislang hat sich die Philip Morris Kunstförderung als Mäzen höflich zurückgehalten. Es gab drei Häuser in Berlin, Dresden und München, wo sie jeweils mehreren KünstlerInnen ein Stipendium ermöglichte – Basisarbeit sozusagen. Im Vergleich zum Mutterschiff waren diese Unternehmungen eher bescheiden: Der amerikanische Hauptkonzern sponserte im vergangenen Jahr die Robert-Rauschenberg-Retrospektive im Guggenheim-Museum und schaltet sich sonst erst ein, wenn Museen von der Größe des New Yorker MoMA um finanzielle Hilfe bitten.

Jetzt aber will sich auch die deutsche Tochtergesellschaft unter die Groß-Sponsoren im Kunstbereich einreihen. Noch in diesem Jahr soll das Projekt „ProSpektive“ angeschoben werden: Ein per Wettbewerb ermittelter Kurator darf eine von ihm bestimmte Themenausstellung mit den Fördergeldern von Philip Morris realisieren. Der Zuschuß kann in sechsstelliger Höhe ausfallen, bis zu 800.000 DM immerhin. Damit das Geld professionell verbaut wird, wurden zunächst nur Kuratoren angesprochen, die bereits mit einem Museum betraut sind – von Ulrich Bischoff (Kunstsammlungen Dresden) über Zdenek Felix (Deichtorhallen Hamburg) bis zu Christoph Vitali vom Münchner Haus der Kunst und Dieter Ronte vom Kunstmuseum Bonn. Als einziger freier Kurator wurde Harald Szeeman aus Bern eingeladen, weil er die letzte Biennale in Lyon organisiert hatte. Nachwuchskräfte wie Hans-Ulrich Obrist oder Klaus Biesenbach, die gerade für Berlin eine Biennale planen, mußten dagegen draußen bleiben.

Mit der Jury wurde die Sache allerdings kurios. Statt Kritikern und Kunsthistorikern ließ man fünf KünstlerInnen im Berliner Künstlerhaus Bethanien über die Projekte entscheiden – nicht ohne Risiko. Jenny Holzer, Lawrence Weiner, Magdalena Jetelova, Rosemarie Trockel und Franz Erhardt Walther gehören zu jener Generation selbstbewußter KünstlerInnen, die sich selten auf Kuratorenwünsche einlassen. Lawrence Weiner malt seit Jahrzehnten schon seine Logiksätze unverrückbar an die Wand, und Frau Trockel hatte im letzten Sommer gemeinsam mit Carsten Höller einen Schweinestall für die documenta gebaut. Wie sollte irgendein Kurator vor diesem Gremium bestehen?

Seltsamerweise hat sich die widerborstige Konzept-Prominenz auf einen Vorschlag geeinigt, der sich zunächst wie eine Zusammenfassung der beiden Kunstforums- Bände über Pop-Kultur, Partykunst und Crossover aus dem letzten Jahr liest. Jochen Poetter vom Museum Ludwig in Köln will mit einer Ausstellung über New Yorker Kunst der neunziger Jahre die Verbindung zwischen Club und Atelier endgültig museumstauglich machen. Das Programm ist entsprechend bunt gemixt und reicht von Matthew Barney und Jutta Koether bis zu Tony Oursler und Andrea Zittel. Die Künstlerliste klingt zwar recht flott, stellt aber mit lauter Enddreißigern auch nicht gerade einen Jungbrunnen für den Betrieb dar. Zumindest Weiner nimmt solche Bedenken gelassen: Wenn das Konzept nicht funktioniere, dann gäbe es eben „another fucking exhibition“. Harald Fricke

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