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Riskante Rendite

■ Geschlossene Immobilienfonds werden erst durch die steuerliche Abschreibung attraktiv. Die Beteiligung dauert länger als manche Ehe.

Unter Anlageberatern sind geschlossene Immobilienfonds sehr umstritten. Die einen sehen darin eine vielseitige Investmentform, die anderen ein riskantes Unterfangen. Schon allein die Laufzeit – oft mehrere Jahrzehnte – stößt manchen Anleger ab. Die Zeitschrift Finanztest brachte das Problem jüngst auf den Punkt: „Die Beteiligung dauert länger als eine durchschnittliche Ehe.“

Aber was ist überhaupt ein geschlossener Immobilienfonds? Steuerrechtlich und juristisch sind die Investoren Teilhaber einer Immobilie. Das kann ein Wohnhaus sein, ein Bürogebäude, aber auch ein Rathaus. Die Teilhaber werden Mitglied in einer Gesellschaft, die dieses Gebäude erwirbt. Das kann eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sein, eine GmbH & Co. KG oder auch eine OHG. Je nachdem, wie erfolgreich die Immobilie vermietet werden kann, fällt die Rendite des Anlegers aus. Der Investor kann – wie jeder Bauherr – auch Steuervorteile nutzen, trägt aber ebenso das Risiko. Der Vorteil gegenüber dem Kauf einer Immobilie liegt darin, daß Investoren bereits mit geringen Beträgen einsteigen können.

Im Unterschied zu den offenen Immobilienfonds, die als institutionalisierte Kapitalanlage gelten und daher detaillierten gesetzlichen Regeln unterliegen, zählen die geschlossenen Fonds zum grauen Kapitalmarkt. Sie unterliegen lediglich dem Bürgerlichen Gesetzbuch und dem Handelsgesetzbuch. Ob ein Anbieter seriös ist, läßt sich oft nicht auf den ersten Blick erkennen. Für einen offenen Immobilienfonds dürfen dagegen nur Kapitalanlagegesellschaften Geld einsammeln; der offene Fonds unterliegt dem strengeren Kredit- und Aktiengesetz.

Offene Immobilienfonds kaufen und verkaufen Grundstücke und Immobilien, wobei sie per Gesetz zu einem gut gemischten Portfolio verpflichtet sind. Der Investor kauft Anteile, die er aber auch kurzfristig wieder verkaufen kann. Die Handhabung der Anteile läuft ähnlich ab wie bei Aktien- oder Rentenfonds.

Das Risiko geschlossener Immobilienfonds liegt in der kaum vorhandenen Risikostreuung. Wer in ein einzelnes Projekt investiert, noch dazu mit der Perspektive, erst in Jahrzehnten wieder aussteigen zu können, muß einige Unsicherheiten in Kauf nehmen. Eine Fehleinschätzung der künftigen Mietpreisentwicklung kann statt einer Rendite am Ende ein Verlustgeschäft entstehen lassen. Laien sollten daher bei dieser Anlageform zurückhaltend sein. Auch die Stiftung Warentest urteilt, es sei „kaum ein Anlageprodukt so kompliziert wie ein geschlossener Immobilienfonds“. Wer hier einsteigen wolle, sollte „im Steuer-, Gesellschafts- und Haftungsrecht versiert“ sein.

Wer sich nach guter Überlegung auf einen geschlossenen Fonds einläßt, weil dieser überdurchschnittliche Renditen verspricht, sollte dabei einige Kriterien beachten: Er muß das Kapital für einen sehr langen Zeitraum entbehren können, und er muß bereit sein, das unternehmerische Risiko einer Immobilieninvestition zu tragen. Die Stiftung Warentest rät, nur „einen kleinen spekulativen Teil des Vermögens“ in geschlossenen Fonds anzulegen.

Nicht zuletzt sollte der Investor „sein“ Objekt genau unter die Lupe nehmen. Ist der Standort geeignet? Wird man den Bau irgendwann verkaufen können? Ist Mieterwechsel problemlos möglich? Ein Besichtigungstermin ist immer empfehlenswert. Auch ist es ratsam, die Kalkulation zu überprüfen. Außer bei öffentlich geförderten Projekten sollte nicht mehr als 50 Prozent Fremdkapital enthalten sein, die kalkulierten Mietsteigerungen sollten nicht über 3 Prozent jährlich liegen, und die laufenden Kosten müssen in angemessener Höhe berücksichtigt werden.

Ganz wichtig ist es, die Haftungsfragen zu klären, da die meisten Fonds zu einem Teil auf Darlehen basieren. In seltenen Fällen kann es nämlich passieren, daß die Kapitalanleger persönlich für die Kredite als Gesamtschuldner haften. Häufiger ist die Regelung, daß die Anleger entsprechend ihrer Beteiligungsquote unbeschränkt haften – auch das könnte für Investoren ein böses Erwachen geben. Am sichersten sind Fonds, bei denen die Haftung auf die Einlage limitiert ist.

Trotz aller Risiken finden sich immer mehr Anleger, die in geschlossene Immobilienfonds investieren, inzwischen kommen sie auf 15 Milliarden Mark im Jahr. Es lockt die Abschreibung: Je höher das zu versteuernde Einkommen des Investors, um so attraktiver werden die Beteiligungen. Wer mehrere hunderttausend Mark im Jahr zu versteuern hat, kann die Einlage gänzlich aus Steuerrückzahlungen finanzieren. So ist die Investition auch dann noch attraktiv, wenn nur eine an sich geringe Ausschüttung von 2 Prozent bleibt.

Wer keine Spitzensteuersätze erreicht, läßt seine Finger besser von den spekulativen Fonds. Das mußten erst in jüngster Vergangenheit Investoren erkennen, die zur Zeit des Immobilienbooms in Ostdeutschland Anfang der neunziger Jahre dort ihr Geld angelegt hatten. Inzwischen stehen Objekte leer, die Mieten sind fern von den prognostizierten Zahlen. Fast kann dort von Glück reden, wer nicht noch Geld nachschießen muß. Bernward Janzing

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