Sieben Tote bei Schießerei in Kosovo

In dem Dorf Likosane werden zwei Serben und fünf Albaner getötet. Drei Wochen vor den Untergrundwahlen in der serbischen Provinz befürchten kosovoalbanische Politiker die Ausrufung des Ausnahmezustands  ■ Von Erich Rathfelder

Sarajevo (taz) – Sieben Menschen sind am Samstag bei einem Feuergefecht in der zum serbischen Staat gehörenden, mehrheitlich von Albanern bewohnten Provinz Kosovo ums Leben gekommen. Der Vorfall ereignete sich, nachdem serbische Sicherheitskräfte in das Dorf Likosane eindragen und dort von Mitgliedern der UCK, der kosovoalbanischen Untergrundarmee, beschossen wurden. Zwei weitere Polizisten wurden verletzt.

So wird der Hergang der Ereignisse von der serbischen Seite beschrieben. Ob es sich bei den albanischen Opfern der Schießerei tatsächlich um Kämpfer der kosovoalbanischen Untergrundarmee handelt oder einfach um Dorfbewohner, ist nicht klar. Auf kosovoalbanischer Seite wird vermutet, der Vorfall sei eine Provokation der serbischen Sicherheitsstreitkräfte, nachdem sich am Tag zuvor die Untergrundorganisation UCK zu drei Mordanschlägen bekannt hatte. Nach Angaben der Demokratischen Liga des Kosovo zogen gestern zwanzig serbische Panzer in der Region Srbica auf, wo auch Likosane liegt.

Mit dem Schußwechsel ist ein trauriger Höhepunkt einer schon monatelangen Entwicklung erreicht. Seit die Untergrundorganisation UCK Anschläge auf Kollaborateure, serbische Polizisten und Politiker ausübt, werden die serbischen Sicherheitsstreitkräfte in der Region verstärkt. Nicht nur Polizisten und Armee-Einheiten werden ins Land gebracht, in Prstina tummeln sich „Spezialisten“ des serbischen Innenministeriums, die ihre Kenntnisse schon bei den „ethnischen Säuberungen“ in Kroatien und in Bosnien-Herzegowina unter Beweis gestellt haben.

Zwar wird die kosovoalbanische Führung um Präsident Ibrahim Rugova nicht müde, die UCK als dubiose, vom Ausland oder von serbischen Geheimdiensten gesteuerte Organisation hinzustellen. In Wirklichkeit jedoch sind nach eigenem Augenschein viele Kosovoalbaner trotz aller Risiken bereit, den „Kampf gegen die serbische Besatzungsmacht“ aufzunehmen.

Das Leben in einer Art Apartheid, die Rechtlosigkeit der albanischen Bevölkerungsmehrheit, wird als um so unerträglicher empfunden, als es den Albanern seit 1990 gelungen ist, eigene staatliche Gegenstrukturen aufzubauen. Damals waren die meisten albanischen Beschäftigten in der Verwaltung und staatlichen Betrieben entlassen worden. Heute gibt es ein eigenes Schulsystem wie auch ein von den serbischen Strukturen unabhängiges Gesundheitssystem. Am 23. März sollen nach dem Willen der albanischen Bevölkerungsmehrheit zudem ein neues Parlament und ein neuer Präsident gewählt werden. Beide Institutionen wurden 1992 nach Wahlen im „Untergrund“ geschaffen.

Von gemäßigter albanischer Seite wird befürchtet, die Anschläge und die Reaktionen des serbischen Sicherheitsapparates könnten in eine Situation führen, in der schließlich die Wahlen verhindert werden. Mitarbeiter des zur Wiederwahl stehenden Präsidenten Ibrahim Rugova weisen auf die angekündigten Demonstrationen von albanischen Schülern und Studenten Mitte März hin. Die Demonstrationen der Schüler und Studenten, die die Anerkennung ihrer an den Untergrundschulen und Universitäten erworbenen Zeugnisse und Diplome fordern, könnten von serbischer Seite mit der Ausrufung des Ausnahmezustandes beantwortet werden.