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Sieger bei den Arbeitern und in der Kandidatenkür

■ Die CDU schiebt ihr schlechtes Abschneiden auf das Kandidatenduell der SPD. Falsch liegt sie damit nicht, doch Schröder konnte auch die alte Klientel der SPD, die Arbeiter, mobilisieren

„Diese Wahl war vor allem ein Plebiszit zwischen Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine.“ Mit diesen Worten versuchte gestern morgen der niedersächsische CDU-Generalsekretär Hartwig Fischer das Absacken seiner Partei um weitere 0,5 Prozentpunkte zu entschuldigen, die am Sonntag in Niedersachsen mit nur noch 35,9 Prozent ihr schlechtestes Wahlergebnis seit 1959 erzielte. Gerhard Schröder, der mit 47,9 Prozent (einem Gewinn von 3,6 Prozentpunkten) das überhaupt beste SPD- Landtagswahlergebnis in Niedersachsen erreichte, wollte seinen unerwartet hohen Wahlsieg allerdings anders interpretiert wissen, sah in ihm ein Modell für einen erfolgreichen Bundestagswahlkampf.

In Niedersachsen habe man ein politisches Konzept, das auf Modernität und soziale Verantwortung setze, in der politischen Mitte verankern können, ohne daß es an den Rändern zu Ausfransungen gekommen sei, lobte Schröder seinen eigenen Wahlkampf und hob hervor, „daß wir allen Voraussagen zum Trotz keine Verluste an die Grünen erlitten haben“. Dennoch gestand auch Schröder den Einfluß des SPD-Kandidatenrennens auf das sozialdemokratische Wahlergebnis durchaus ein. Zwar sei dieses taktische Meisterstück nicht in allen Einzelheiten geplant gewesen. Aber er habe gut mit dem Parteivorsitzenden Oskar Lafontaine zusammengearbeitet. Beide hätten verabredet, sich in der Kandidatenfrage nicht unter Druck setzen zu lassen und nach der Niedersachsenwahl zu entscheiden.

„Schröder wird zugetraut, Kohl abzulösen“, interpretierte gestern die Grünen-Spitzenkandidatin Rebecca Harms das Wahlergebnis als Votum gegen den Kanzler. Es sei beinahe noch ein Erfolg, daß die Grünen in dieser polarisierten Situation noch einigermaßen stabil geblieben seien. Untypischerweise haben in Niedersachsen offenbar viele Grünen-Anhänger ihre zweite Stimme diesmal der SPD gegeben und so auf den Kanzlerkandidaten Schröder gesetzt. Gegenüber der Landtagswahl 1994 haben die Grünen gut 16.000 Erststimmen zugelegt, gleichzeitig aber bei den ausschlaggebenden Zweitstimmen 10.000 verloren und sind dadurch auf 7,0 Prozent abgesackt. Vor allem auf dem Lande haben die Grünen Stimmen eingebüßt – mit einer Ausnahme. Im Wahlkreis von Rebecca Harms, in Lüchow-Dannenberg, legten sie um 5,8 Prozent auf 17,6 zu.

Bei den Zugewinnen und Verlusten der SPD gibt es landesweit ein deutliches Ost-West-Gefälle. Im Westen des Landes hat die CDU sogar meist leicht dazugewonnen. Ihre höchsten Stimmenzuwächse mit mehr als 7 Prozent erreichte die SPD im ostniedersächsischen Raum Salzgitter/Peine. Hier schlägt sich der Kauf der dort beheimateten Preussag Stahl AG durch das Land Niedersachsen direkt im Wahlergebnis nieder. Aber auch sonst ist es Gerhard Schröder vor allem gelungen, die SPD- Stammwähler, nämlich die Arbeiter, zu mobilisieren. Auch in Wolfsburg und in den Siedlungen am Stadtrand von Hannover etwa hat die SPD um 5 bis 6 Prozent zugelegt. Seine absolute Mehrheit verdankt Schröder jedoch dem fast zufälligen Umstand, daß die FDP nicht den Wiedereinzug in den Landtag geschafft hat. Dafür fehlten den Liberalen nur 6.135 Stimmen. Jürgen Voges, Hannover

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