: Gesucht: Eine indische Regierung
■ Die hinduistische BJP setzt darauf, andere Parteien auf ihre Seite zu ziehen. Ihr fehlen nur 19 Sitze zur absoluten Mehrheit
Neu-Delhi/Berlin (dpa/taz) – Die Entscheidung, ob die nationalistische Hindu-Partei BJP mit der Regierungsbildung in Indien beauftragt wird, fällt erst nächste Woche. Nach der Wahl von drei weiteren Abgeordneten am Samstag wolle die unabhängige Wahlkommission dem Präsidenten das vorläufige Ergebnis Mitte nächster Woche vorlegen, berichteten indische Medien gestern. Die restlichen Abgeordneten werden am 21. Juni gewählt.
Bei den Parlamentswahlen hat keine der Parteien die absolute Mehrheit von 273 Sitzen erreicht. Stärkste Fraktion wird die Bharatiya Janata Party (BJP) mit ihren Verbündeten. Die BJP stellt nach der Auszählung von 531 Stimmbezirken 176 Abgeordnete, ihre Bündnispartner aus regionalen Parteien 78. Bei der Wahl vor zwei Jahren hatten sie 193 Sitze erhalten. Ihr Versuch, die Regierung zu bilden, scheiterte nach 13 Tagen.
Die von Sonia Gandhi in den Wahlkampf geführte Kongreßpartei und deren Verbündete eroberten 167 (140) Sitze. Die bisher mit der Unterstützung der Kongreßpartei regierende Vereinigte Front kann 93 Abgeordnete (177) ins Parlament entsenden, auf andere Parteien entfallen 17 Sitze (28).
BJP-Politiker gehen davon aus, daß sie nun erneut mit der Regierungsbildung beauftragt werden. Bis zur nächsten Woche werden sich der BJP-Allianz möglicherweise noch andere Parteien oder unabhängige Kandidaten anschließen. Im Bundesstaat Andhra Pradesh erklärte Chefminister Chandrababu Naidu, seine Partei Telugu Desam werde sich bei der Regierungsbildung die Optionen offenlassen. Naidu hat bisher die Vereinigte Front unterstützt. Er liegt in Andhra Pradesh gerade mit der Kongreßpartei im Clinch, die gestern seinen Rücktritt forderte. Naidu, dessen Partei über 12 Sitze verfügt, befürchtet, seine Wähler könnten die Teilnahme an einer vom Kongreß geführten Koalition nicht akzeptieren.
Nach der indischen Verfassung ist Staatspräsident K.R. Narayanam nicht verpflichtet, die stärkste Fraktion mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Allerdings wurde dies in der Vergangenheit so gehandhabt. Ein Sprecher der Kongreßpartei kündigte gestern nach einer Strategie-Sitzung bereits an, seine Partei strebe eine Koalition mit der Vereinigten Front an.
Die letzte Regierung war gestürzt, als die Kongreßpartei der Vereinigten Front ihre Unterstützung entzog. Daher dürfte Narayanam auf der Bildung einer Regierung bestehen, die nicht auf die Tolerierung durch andere Parteien angewiesen ist. Hinzu kommt, daß die Regionalparteien unsichere Kantonisten für eine Koalition sind. Zudem muß laut Verfassung der politische Seitenwechsel einer Partei von mindestens einem Drittel der Abgeordneten vollzogen werden. Damit soll verhindert werden, daß die notwendigen Stimmen zusammengekauft werden.
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