: Arbeitslose in Berlin
Die Erwerbslosigkeit erreichte im Februar 1998 nach offiziellen Zahlen den höchsten Stand seit 1950: Das Landesarbeitsamt hat 290.100 Menschen registriert, die eine Beschäftigung suchen. Vor 48 Jahren waren nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges, der Flucht aus dem Osten und der Rückkehr vieler Kriegsgefangener schon einmal fast 300.000 Menschen ohne Arbeit.
Diese Zahlen zeigen aber nur die Lage im damaligen West- Berlin, denn im Ostteil gab es offiziell keine Arbeitslosigkeit. Nach Wiederaufbau und massiver Wirtschaftsförderung aus der Bundesrepublik verzeichneten die Arbeitsämter 1970 nur noch rund 5.000 Jobsuchende. Unter den SPD-Regierungen bis zu Beginn der 80er Jahre bewegte sich die Arbeitslosigkeit im Rahmen dessen, was Ökonomen – etwas beschönigend – als „Vollbeschäftigung“ bezeichnen.
Wie im Bundesgebiet konnten auch die Berliner CDU-Regierungen unter Richard von Weizsäcker (seit 1981) und Eberhard Diepgen (seit 1984) die Auswirkungen der konjunkturellen Krise nicht dämpfen: Die Erwerbslosigkeit stieg steil an und übersprang durch den Schock der Vereinigung 1990 in Gesamtberlin schließlich die Hunderttausender-Marke. Im Ostteil brach nahezu die komplette, großindustriell strukturierte Wirtschaft zusammen. In den Westbezirken schlossen nach der schnellen Streichung der Subventionen viele auswärtige Unternehmen ihre Niederlassungen, die kaum noch Gewinn abwarfen. Neue Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor und High-Tech-Gewerbe wuchsen nicht in ausreichender Zahl nach. Hinzu kam die massive Kürzung der ABM- Stellen durch die Bundesanstalt für Arbeit.
So erreichte die Erwerbslosigkeit in Berlin Ende Februar 1998 die Rekordzahl von 290.100, 27.000 mehr als vor einem Jahr und 500 mehr als im Januar. Die Arbeitslosenquote lag bei 17 Prozent. Vor einem Jahr lag sie bei 15,4 Prozent. Hinzu kamen in der Hauptstadt 6.400 Kurzarbeiter, 1.500 weniger als vor Jahresfrist.
In Brandenburg waren Ende Februar 258.400 Menschen arbeitslos, 29.600 mehr als ein Jahr zuvor sowie 3.200 mehr als im Januar. Die Arbeitslosenquote stieg auf 20,9 Prozent. Vor einem Jahr betrug sie 18,6 Prozent.
In der Region Berlin-Brandenburg gab es Ende Februar 548.500 Arbeitslose, 56.600 mehr als vor einem Jahr und 3.700 mehr als im Januar, wie das Landesarbeitsamt mitteilte. Die Arbeitslosenquote – bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen – stieg um 0,2 Prozentpunkte auf 18,7 Prozent. Vor Jahresfrist lag sie bei 16,8 Prozent.
Der Anstieg der Arbeitslosigkeit sei auf die anhaltend ungünstige Auftragsentwicklung in der Bauwirtschaft zurückzuführen, erklärte das Amt. Trotz frühlingshafter Temperaturen seien zahlreiche Entlassungen, vor allem im Land Brandenburg, erfolgt. koch/ADN
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